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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0023
4_Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1926.)_

sein werden. Dazu kommt, daß die Sicherstellung der Echtheit solcher Phänomene
zahlreiche bisher übersehene oder nicht als solche ernst genommene
Grenzprobleme mit anderen Wissenschaften auftauchen läßt.

Nach der Psychiatrie hin erhebt sich die Aufgabe einer Einordnung
des mediumistischen Seelentypus in das allgemeine System der abnormen
psychischen Zustände überhaupt. Es ist die Frage, ob er eine Kategorie für
sich erfordeit oder nur eine extreme Entwicklung anderer bekannter Seelen-
zustände nach einer bisher unbeachtet gebliebenen Seite hin darstellt. Die
Psychopathologie der Persönlichkeit war schon bisher genötigt, mediale Seelen-
zustände in den Kreis ihrer Analyse miteinzubeziehen.

Für die Erkenntnistheorie erhebt sich die Frage, nach der Natur
der supranormalen Wissensakte, die im medialen Geistesleben auftauchen, und
die Notwendigkeit, ihnen in der allgemeinen Erkenntnistheorie, Logik und
Psychologie des Denkens Raum zu schaffen. Driesch hat in der zweiten
Auflage seiner Ordnungslehre (Jena iq^3) den ersten bedeutenden Versuch
dieser Art gemacht.

Die Biologie steht vor dem großen Problem, ob die Phänomene der
Materialisation eigentliche biologische Vorgänge sind und wieweit der Organismus
des Mediums (und eventuell anderer Sitzungsteilnehmer) bei ihrem Auftreten
in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Frage der physischen Natur der
Materialisationen harrt noch durchaus ihrer Beantwortung. Für die Entscheidung
dieser Frage ist die Mitarbeit von Physik und Chemie ganz unentbehrlich
. Diese selbst sind ihrerseits so weit mit berührt, als sie auch ps)chisch
beeinflußte physische Vorgänge mit untersuchen, was für die organische Chemie
im ganzen Umfang gilt.

Endlich besitzen die Paraphänomene eine Bedeutung aucli für die Religionsphilosophie
. Bereits der Begründer der modernen Religionspsychologie
, William James, hat darauf hingewiesen. Ergibt sich aus den
parapsychischen Phänomenen, daß eine unmittelbare, physisch nicht vermittelte
Beziehung zwischen menschlichen Seelen vorkommt, so erhebt sich sofort auch
die Frage, ob die bisher die Herrschaft habende Auffassung der religiös-mystischen
Seelenzustände im Sinne einer bloßen phantasieerfüllten gesteigerten
Gefühlserregung gegenüber den widersprechenden Selbstzeugnissen der religiösen
Genies noch aufrecht erhalten werden kann. Das Realitätsproblem der religiösen
Erlebnisse wird von der Parapsychologie unmittelbar berührt.

Dazu kommen die Auswirkungen der parapsychologischen Erkenntnisse für
die Religionsgeschichte. Es erhebt sich die Frage, in welchem Umfange
die in der Religionsgeschichte besonders zahlreichen Ueberlieferungen
seltener geschichtlicher Einzelgeschehnisse, sogenannter Wunder, vom Standpunkt
der weiteren Entwicklung der Parapsychologie aus etwa eine Revision
der sie sämtlich als Erfindung ansehenden rationalistischen Kritik erfordern.


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