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Vom Büehertisch. 61

sächsischen Hellseher H. M., einem Bernburger Lehrer D., einer Frau Sch., die
in der Angelegenheit des Heidelberger Bürgermeistermordes hervortrat, einem
Hellseher P. und ein paar anderen Fällen. Am ausführlichsten werden die Leipziger
Schwestern H. und D. behandelt. In diesem Fall ist von besonderem Interesse
ein Experiment, das von der Leipziger Staatsanwaltschaft, die eventuell!
die weitere Tätigkeit der Schwestern zu unterbinden beabsichtigte, mit denselben
im Leipziger Gerichtsgebäude veranstaltet wurde. (S. 271 ff.) Es ist offenbar
positiv ausgefallen, und man muß es um so mehr bedauern, daß kein stenographisches
Protokoll aufgenommen wurde.

Das Gesamlresultat Hornungs, der überaus vorsichtig und zurückhaltend, ja
geradezu ängstlich in der Bejahung ist, ist, daß ein geringer Rest von „Ungeklärtem
, vorläufig Unerklärbarem" da sei. Er neigt in gewissem Umfange zur
Annahme parapsychischer Leistungen, obwohl seine Aeußeuiiigen nicht ganz
gleichmäßig sind.

Zutreffend ist seine Schlußbemerkung, daß für die Parapsyehologie die
forensischen Fälle von Kryptästhesie nur einen ganz geringen Wert haben. Er
fügt hinzu, daß auch für die praktische Kriminalistik keiner der bisher \orliegen-
den Fälle von großer Bedeutung gewesen ist. Man wird daran die einschränkende
Bemerkung anschließen müssen, daß diese Behauptung etwas zu weit geht. In
einem dem Verf. von mir zur Verfügung gestellten Fall und in einem andern mir
ebenfalls bekanntgewordenen und richterlich bestätigten Fall waren die Angaben
der sog. Hellseher von entscheidender Bedeutung. Im ganzen ist allerdings die
Gefahr, der das Publikum von Seiten schwindlerisch veranlagter Personen ausgesetzt
ist, eine erhebliche, und mit der Zunahme der wissenschaftlichen Anerkennung
des Vorkommens echter parapsychischer Leistungen wird sie immer
größer, so daß früher oder später die ganze praktische Hellseherei wird unter
Kontrolle gestellt werden müssen. Oesterreich-Tübingen.

E. R. Jaensch. Ueber den Aufbau der Wahrnehmungswelt und
ihre Struktur im Jugendalter. Eine Untersuchung über Grundlagen
und Ausgangspunkte unseres Weltbildes, durchgeführt mit den Forschungsmitteln
der Jugendpsychologie, angewandt auf erkenntnistheore-
tische, naturphilosophische und pädagogische Fragen. Verlag von Johann
Ambrosius Barth, Leipzig. 192J. XXIV und 557 S.

Das Buch ist die Zusammenfassung einer Reihe vjii Arbeiten, die \on
Jaensch und seinen Schülern und Mitarbeitern in der Zeitschrift für Psychologie
erschienen sind. Diese Zusammenfassung ist sehr dankenswert und wird die
Arbeit der Marburger Psychologensehule auch denen bekannt werden lassen,
denen die Bände jener Zeitschrift nicht ohne weiteres zugänglich sind. Die
entscheidende Entdeckung, auf die sich diese ganze fruchtbare Arbeit aufgebaut
hat, war die Feststellung vom eidetischen Charakter der Vorstcllungsbüder im
Jugendalter. Oder deutlicher ausgedrückt die Entdeckung, daß Im Jugendalter
die Vorstellungen den Sinneswahrnehmungen viel näherstehen als beim Erwachsenen
. Dabei sind die Worte „Eidos", „cidetisch" usw. freilich ganz anders
gemeint, als sie von Husserl, der zuerst diese Termini einführte, \ erstanden
werden.

Unbekümmert um alles Gerede über Psychologismus und dgl. ist Jaensch
den erkenntnistheoretischen Problemen, die von jener Entdeckung her sich
eröffneten, nachgegangen. Die Kluft, die sich zwischen Philosophie und
experimenteller Psychologie aufgetan hatte, hat sich damit zu schließen begonnen
. Für den schärfer Blickenden war das freilich auch schon bei den
früheren Werken von Jaensch der Fall, die übrigens - - was damals noch eime
Ausnahme war — auch die pathologischen Phänomene mit berücksichtigt haben.

Alles in allem ist das Werk ein schönes Zeugnis für den unablässigen
Aufstieg der deutschen Psychologie in doppelter Hinsicht; in beziig auf die
Verfeinerung der Analyse und die Weitung des Gesichtskreises. Es darf deshalb
wohl auch die Hoffnung ausgesprochen werden, daß Jaensch bei näherer
Beschäftigung mit dem parapsychoiOgischen Problemkreise zu einer positiven
Stellungnahme kommen und nicht „zu jenen erstaunlich fernliegenden Auskunftsmitte
In" greifen wird, die, wie er gelegentlich bemerkt, so oft ergriffen
würden, „wenn es sich darum handelt, der Ermittlung einigermaßen unerwarteter
Tatbestände zu begegnen." O e s t e r r c i c h - T ü b i n g e n.


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