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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0081
62 Zeitschrift für Parapsychologic. 1. Heft. (Januar 1926.)

Karl Jellinek. Das Welten geheim nis. Vorlesungen zur harmonischen
Vereinigung von Natur- und Geisteswissenschaft, Philosophie, Kunst und
Religion. Mit 180 Textabbildungen. Stuttgart, Ferdinand Enke, XVI u. 552 S.

Das Buch, das seit seinem ersten Erscheinen inzwischen bereits zwei Neuauflagen
erlebt hat, ist hervorgegangen aus Vorlesungen, die sein Verfasser,
ein Professor der Chemie an der Technischen Hochschule in Danzig, dort im
äußersten Osten der deutschen Kultur gehalten hat. Es soll in ihm einlem
breiteren Kreise ein Bild der Welt entrollt werden, wie sie sich heute den Augen
der Wissenschaft darstellt. Es ist ein erstaunliches Maß von Wissen aufgehäuft
, das größtenteils weit abliegt von dem eigenen Arbeitsgebiet des Autors.
Von der unorganischen Materie an bis zu den höchsten Höhen des Menschern -
geistes führt der Verfasser den Leser, in schwungvoller Sprache seine Gedanken
entwickelnd. Vielfach eingeschaltet sind poetische Stücke aus den Upanishaden
und dem buddhistischen Schrifttum, als Gipfelpunkt des Ausdrucks der Ergriffenheit
des Autors vom Weltengeheimnis.

Sein allgemeiner Standpunkt wird durch den Namen Driesch bezeichnet,
dem das Werk gewidmet ist. Neben ihn wäre aber eigentlich noch ein anderer
Name zu setzen: Rudolph Steiner. Der Verfasser steht auf dem Boden der
Theosophie, ein Standpunkt, den ich nicht teilen kann, obwohl ich die positive
Stellungnahme des Autors zu den parapsychischen Tatsachen lobend hervorheben
muß, da deren Anerkennung zur Zeit noch nicht allgemein ist. Die
theosophische Tendenz tritt jedoch nicht in einem solchen Umfange hervor, daß
das Buch für den anders Denkenden ungenießbar würde.

Rühmlich hervorgehaben werden muß das ausgezeichnete Illustrationsmaterial
, mit dem das Werk ausgestattet ist. Die Abbildungen sind hauptsächlich
biologischer und ästhetischer Art. Besonders hingewiesen sei auf ein paar
treffliche Porträts, so von E. v. Hartmann, Einstein, Driesch. Aber auch von
Steiner und den beiden bekannten Theosophinnen Blavatsky und Besant findet
der Leser solche, ebenso von Nicolai. Ob dem Verfasser heute nicht auch sein
Glaube an den Anbruch einer neuen moralisch höheren Stufe der politfech-
menschlichen Kultur als allzu optimistisch und verfrüht erscheint?

Oesterreich-Tübingen.

Karl Kleist. Die gegenwärtigen Strömungen in der Psychiatrie.
Bericht, erstattet in der gemeinsamen Sitzung des Deutschen Vereins für
Psychiatrie und der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte am 25. September
1924. Berlin und Leipzig, Verlag von Walter de Gruyter & Co., 1Q25.
41 S. (Zuvor in: Allg. Zeitschr. f. Psychiatrie, Bd. 82.) M. 1.50.

Die Schrift gibt einen lehrreichen Ueberblick über die Entwicklung der
deutschen Psychiatrie im ersten Viertel unseres Jahrhunderts von einem Manne
alter Schule und Denkrichtung, wie sich überall* zeigt, wo er seinen Blick über
sein engeres Fachgebiet hinausschweifen läßt. Und er \ ersucht das in den
beiden ersten Teilen seines Vortrags in reichlichem Maße.

Kleist unterscheidet vier Hauptrichtungen in der Psychiatrie: 1. die philosophische
, 2. die psychologische, 3. die neurologische, 4. die
konstitutionelle Strömung. Sein Herz liegt bei der dritten und vor allem
der vierten Strömung. Mit den beiden ersten weiß er nichts anzufangen. Man
muß aber wohl schon sagen, das liegt mehr an ihm als an ihnen. Kleist hat
kein Verständnis für philosophische und feinere psychologische Fragen, obwohl
er sich bemüht, die Erörterung auf ein hohes Niveau zu heben. Was soll man
dazu sagen, daß er Husserl und die sogenannte „Lebensphilosophie" auf eine
Stufe stellt, ja Husserl geradezu zu einem Vertreter derselben macht! Kleist
selbst ist denn auch mit den Problemen überraschend schnell fertig. Das
psychophysische Problem löst sich ihm sehr einfach in ein bloßes Scheinproblem
auf, „wie es bei unlösbaren Problemen so oft der Fall ist". Kleist steht nämlich
auf dem Boden von Mach. Doch sollen die psychiatrischen Probleme „das
Leib-Seelenproblem überhaupt nicht berühren"! Es ist selbstverständlich, daß
er bei dieser Einstellung kein Auge für das freilich auch sonst meist nicht
seinem Werte nach geschätzte Werk von K r o n f e I d „Das Wesen der psychiatrischen
Erkenntnis" hat, aus dem er, wie zum Hohn, ein paar längere Zitate
bringt. Der Hauptvertreter der psychologischen Strömung in der Psychiatrie ist


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