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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0102
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bekannten Talsachen erklären läßt, die der normalen Psychologie, der normalen
Mechanik, oder der normalen Physiologie angehören, und die bekannt, registrier
l, klassisch sind.

Wozu übrigens von „normal** reden, alles ist immer normal. Es ist töricht
anzunehmen, die Natur bringe unnormale, nicht bestimmten Gesetzen unterstellte
Phänomene hervor. Statt normal sollte ich sagen üblich. Einen Brief
lesen, der sich in einem undurchsichtigen, hermelisch verschlossenen Umschlag
befindet, bedeutet sicher kein übliches "Vorkommnis. Es ist merkwürdig,
äußerst merkwürdig. Und doch, das Lesen dieses Briefes ist ein normales,
jedenfalls durch Gesetze bedingtes Phänomen. Ob wir diese Gesetze kennen,
oder nicht kennen, tut nichts zur Sache.

Selbstverständlich müssen wir, ehe wir die Wirklichkeit dieser unwahrscheinlichen
, ungewöhnlichen Tatsachen annehmen, eine unverrückbar strenge
Disziplin beobachten. Wir müssen alle, selbst die einleuchtendsten Hypothesen
ausschalten, ehe wir auf ein parapsychologisches Phänomen schließen. Wenn
aber die Tatsache da ist, allen Einwänden trotzend, unerbittlich, unwiderlegbar,
dann müssen wir sie gelten lassen, wollen wir nicht unsre sämtlichen wissenschaftlichen
Grundsätze, die gebieterischen Gesetze der experimentellen Methode
verleugnen.

Machen Sie sich klar, daß es der Lehrer der Physiologie ist, der zu Ihnen
spricht, er folgt keinem andern Führer, als der Erfahrung. Ich war Schüler
\on Claude Bernard. Vulpian, Marey, Berlhelot, Würlz, und ich hielte mich
für wissenschaftlich entehrt, wenn ich nicht dem Beispiel und der Lehre dieser
berühmten Männer gemäß stets die Erfahrung als oberste Leiterin meiner
Meinung beibehielte.

Also ausgerüstet kann ich — - und das gilt für die Moral so gul wie für die
Wissenschaft — das Geschrei der öffentlichen Meinung gering achten. Man
muß sich immer wieder sagen, daß alle Errungenschaften der Wissenschaft
ursprünglich verfolgt, verachtet, beschimpft, in den Schmutz gezogen wurden.

Als Harvey an einwandfreien Experimenten den Kreislauf des Blutes nachwies
, warf er damit die klassische Physiologie des Ilippocrales und des Galeno*
über den Haufen und rief 3o Jahre lang die Entrüstung aller Professoren
hervor, besonders der Pariser Professoren.

Als Lavoisier feststellte, daß Leben Verbrennung, d. h. eine chemische
Erscheinung ist, vernichtete er die unklaren Ideen von Stahl und Willis.

Als Claude Bernard bewies, daß der tierische Organismus Zucker hervorbringt
, machte er sieh alle Aerzte und alle Physiologen zu Feinden.

Pasteur begegnete leidenschaftlicher Opposition, als er die wunderbare
Theorie der Mikroben aufstellte.

Als man der Akademie der Wissenschaften das erste Telephon vorführte,
erklärte es einer der berühmtesten Lehrer unsrer Fakultät für Bauchrednerei.

Vor Marey und vor unsjrn ers'en Flugversuchen sah man in allen unverbesserliche
Narren, die Flugmaschinen schwerer als die Luft herzustellen
suchten.

Johannes Müller, einer der bedeutendsten Physiologen hatte gesagt: es wird
nie gelingen, die Schnelligkeit der Nervenvibralion zu messen. Zwei Jahre
später gab Helmholtz die genaue Meßmethode an.

Prevost und Dumas sagten: niemals wird man die Substanz der Blutkörperchen
rein darstellen können. Sie alle wissen, daß heute die Darstellung

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