Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0121
102 Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft. (Februar 1920.)

ihres neurotischen Svslems Gewalt anzutun und das zu sehen bzw. zu ver-
drängen, was sie zu sehen wünschen <xler anzuerkennen fürchten. Beide
Klassen von Neurotikern des ökkultisinus die Fanatiker de> Pro- wie de?>
Vntiokkultismus sind bei psychoanalytischer Betrachtung weise unschwer
zu erkennen an dem ausgedehnten System von Feh ] Teistungen l) der Logik, der
Beobachtungs- und Urteilskraft, innerhalb dessen sie sich bewegen, mittel«
dessen sie sich zu behaupten suchen.

Natürlich ist gerade bezüglich der metaphysischen Kernfragen, die durch
die okkulten Phänomene aufgerührt werden, kein Mensch affektlos beteiligt,
denn es geht doch hierbei um die tiefsten Fragen des Daseins, die sich nicht nur
in theoretischer, sondern auch in ethischer und kultureller Beziehung hindurch
auswirken und ganzen Zeitaltern ihren Stempel aufdrücken.

Was jedoch den Wissenschaftler vom Gefühlsokkultisten unterscheidet, ist
die Selbstkritik, die er in jedem Falle behält, und die ihn befähigt, affektive
iTrteilstrübungen beim \uf tauchen sofort zu erkennen und zu beseitigen.

Natürlich sind Uebergänge von der objektiven Haltung de? W issenschaftlers zur
subjektiven des Gläubigen und von dieser wiederum /ur neurotischen Einstellung
des Fanatikers und Ekstatikers mehr oder weniger fließende. Prinzipiell kam»
man aber, wie gesagt, nur denjenigen als Parapsychologen anerkennen gleichviel
ob er noch skeptisch oder schon bejahend eingestellt is( der di<» Fähigkeil
zur Selbstkontrolle auch im Entdeckerrausch bewahrt.

Jeder Wissenschaftler, auch der dem Dualismus oder \ italismus zuneigende,
der mit okkulten Dingen erstmals in Berührung tritt, hat zunächst erheblich'*
Denk- und Gefühlswiderstände zu überwinden, bevor er sich mit ihrer Phäno-
menik abfindet und sie seinem Weltanschauungssyslern eingliedert. Hauptsache
ist, daß mar eben die Fähigkeit besitzt, solche Widerstände zu überwinden
, sich den Tatsachen anzupassen, nicht am Dogma kleben zu bleiben Im
Vugenblick, wo das Unvermögen zu jeglicher Umstellung zutage hitt, wo das
Bestreben. Unbequemes aus dem Bewußtseinskreis zu verdrängen evident wird,
sind wir berechtigt, von einer neurotischen Hemmung zu sprechen.
Die falsachenforschung auf okkultem Gebiet isl heule bereits bis zu einem
Punkt vorgeschritten, wo derjenige, der unbefangen die Standardwerke der
Fachliteratur prü/l, zugeben muß, daß die Existenz echter Phänomene als
wissenschaftlich erwiesene und daher allgemein gültige Tatsache, nicht als
Gegenstand subjektiver Ueberzeugung, prinzipiell angenommen werden muß.
Es wird auch vermutlich nicht mehr lange dauern, bis die Wissenschaft diesen
Tatbestand als gegeben hinnimmt. Aber schon nach dem heutigen Stand können
die Phänomene nur noch auf Grund von Tgnoran/ oder auf Grund einer neurotischen
Hemmung geleugnet werden.

Durch den bekannten Trick, daß man die Gefühlsokkultisten mit den Parapsychologen
identifiziert - genau wie man beliebt. Phänomene und neurotische
Symptome gleichzusetzen - durch diesen Trick hat man es verstanden, dem
gesamten Okkultismus und insbesondere den am meisten gefürchteten Vertretern
der experimentellen Parapsychologie das Odium der Sektiererei und
der Neurose umzuhängen und das ganze Gebiet auf die Formel Selbsttäuschung
und Taschenspielerei" zurückzuführen.

*) Anm.: Der Ausdruck Fehlleistung'* wird hier in einem weiteren Sinne gebraucht
, als es Freud tut. D. Verf.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0121