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Kröner: Parapsychologie und Psychoanalyse.

103

Es ist dies der Standpunkt der Schule Molls, die mit ihrer Vermischung
heterogener Begriffe (wie der Gleichsetzung von Personal-, Sach- und Prinzipienfragen
) das typische Beispiel einer affektiven Urteilstrübung zum besten
gibt und durch dieses zäh festgehaltene Fehlleistungssystem den Beweis für ihre
eigne neurotisch-dogmatische Einstellung liefert. Das neurotische System isf
gerade auf dieser Seite in einem Maße ausgeprägt, wie man es selbst bei den
extremsten Vertretern offenbarungsspiritistischer, mystischer und sektiererischer
Richtungen selten findet. Dieser Umstand erklärt sich wohl dadurch, daß
okkultistischerseits den metaphysischen Dogmen, an die die Gefühlsokkultisten
gebunden sind, wenigstens ein realer Kern in der Phänorrienik zugrunde liegt,
während bei den gefühlsmäßigen Antiokkultisten das ganze System in der Luft
schwebt, weil es sich eben auf einem negativen Dogma aufbaut. Denn das
\xiom, „daß etwas nicht ist, oder nicht sein kann, oder nicht sein darf",
kann natürlich nicht zum Ausgangspunkt metaphysischer Systeme werden,
bleibt also unproduktiv und kann notwendigerweise nur destruktiv, niemals
im Sinne einer zielsetzenden und aufbauenden Idee wirken. Man darf sich
keinen Illusionen darüber hingeben, wie vernichtend das platle rationalistische
Aufklärerlum der letzten zwei Jahrhunderte auf den Menschheitsgeist in
ethischer und metaphysischer Richtung eingewirkt hat, während die mystischen
Systeme aller Richtungen, ouch selbst in ihren hirnverbranntesten Formen,
wenigstens ethisch Werte in Mengen geschaffen haben.

Das Fehlleistungssystem der Molischen Schule wird zum Gegenstand eines
besonderen Aufsatzes werden, der sich insonderheit mit den Ergebnissen des
Mollprozesses befaßt.

An dieser Stelle wenden wir uns einer weit bedeutsameren Frage als der
Analysis von Pro- und Antiokkultisten zu. Diese lautet: Ist die psychoanalytische
Betrachtungsweise als reine Methode und befreit
von allen dogmalischen Bindungen, ein brauchbares
Mittel, um die Zusammenhänge okkulten Geschehens zu
durchdringen und das gesamte Phän omengebiet bruchlos
in das System moderne r n a t u r w istcnschaftli c her W e 11 b c -
( r a c h \ u n g einzugliedern?

Dj°se Frage ist unbedingt m bejahen. Um ihrer Beantwortung näher zu
treten, müssen wir für diejenigen Leser, die mit dem System der Vnalyse
nicht näher vertraut sind, die wichtigsten Grundbegriffe dieser Lehre skizzieren,
wobei wir uns allerdings gelegentliche Modifikationen. Erweiterungen und Abweichungen
von der klassischen Lehre vorbehalten:

Die Psychoanalyse Freuds ist eine neuartige Ylelhode. um zu psychologischen
Einsichten auf Gebieten zu gelangen, die der alten Psychologie unzugänglich
sind, weil sie außerhalb des Bewußten liegen, seelische Tiefseeforschung
, Vivisektion. Die Psychoanalyse lehrt uns, daß vieles, was bewußt wird,
vom Unbewußten herrührt und bestimmt wird: sie zeigt, daß die Tiefenbezirke
des Seelischen unser Wach- und Oberbewußlscin an Umfang um das Hundertfache
übertreffen und daß im Gegensatz zum Oberbewußtsein, wo eine gewisse
Wahlfreiheit herrscht, im Unterbewußten die Seelen Vorgänge automatisch
zwanghaft verlaufen und daß — während im öberbewußtsein ein einheitliches
Ichgefühl besteht, das nur einen einzelnen Seelemorgang gleichzeitig verarbeitet
— im Unterbewußtsein mehrere seelische Prozesse nebeneinander verlaufen
können, die in* verschiedene Personliehkeifskomplexe einmünden. Wir wissen


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