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Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft, ^ebruar 192Ö.)

vorübergehend neurotisch erkranken; und schließlieh erblieh belastete Individuen
, die auch unter den normalsten Verhältnissen Verdrängungen en masse
ei leiden und daher ständige seelische Krisen durchmachen, ohne daß es dabei
zu einer Vusscheidung des seelischen Giftstoffes kommt. Aus dieser letzten
(iruppe rekrutieren sich die eigentlichen Neurotiker, IT>steriker und die späteren
G-eisteskranken.

Wir sehen also, \veiche Rolle die Verdrängung für das Zustandekommen der
neurotischen Erscheinungen spielt. Die Verdrängung ist aber noch nicht die
Neurose selber. Bei ihrem Zustandekommen wird ein seelischer Alechanismus
in Bewegung gesetzt, den wir jetzt näher betrachten wollen und der ^<m ausschlaggebender
Bedeutung nicht nur für das Verständnis der Neurose, sondern
auch anderer Zustände ist, die uns noch viel mehr interessieren. Diese Vorgänge
sind: Künsllertum, Genialität, Ekstase, Somnambulismus, Mediumismus
und Geisteskrankheil, Erscheinungen, die mannigfache Verwandtschaften und
Beziehungen zur Neurose aufweisen.

Der dafür in Betracht kommende Mechanismus soll mit dem Ausdruck
Spaltung4' bezeichnet werden. Man spricht auch von Bewußtseins- oder Per-
sönlichkeitsspallung, je nach dem Grad, den diese Spaltung annimmt. Als
Fachausdruck wähle ich den Namen „Schizophrenie", der aus der Psychiatrie
entlehnt ist und hier eine Geisteskrankheit bezeichnet, die mit dem
Zerfall der Persönlichkeit, mit einer Art von "Besessenheilserscheinung einhergeht
und durch das gehäufte Auftreten von Sinnestäuschungen charakterisiert
wird. Tn diesem Spezialsinne gebrauche ich den Ausdruck allerdings nicht,
er soll für uns noch nicht einmal einen an sich krankhaften Vorgang bezeichnen
, sondern ganz allgemein sämtliche ,,Spaltungs\organge" im Seelenleben umfassen
, einerlei ob sie krankhafter Natur sind oder nicht.

Was verstehen wir nun unter einer solchen Spaltung? Ganz allgemein
ausgedrückt: das Selbsländigwerden eines bestimmten seelischen Komplexes,
der nun innerhalb des Seelenganzen eine Vrl Ligenhewegung und eine eigne
Zielrichtung erhält, und sich mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit, ja mit
Feindseligkeit gegenüber dein Ganzen durchsetzt. Tm evlremen Fall tritt
eine völlige Bewußtseinsspaltung auf. Der abgespaltene Komplex bildet
gewissermaßen ein /weites Feh, eine scheinbar fremdartige Zweitpersönlichkeit,
die das eigentliche Feh in unerhörter Weise irritieren und abhängig machen,
kann. Wir erleben dann die Krankheitsbilder der Neurose, der Hysterie, der
Besessenheit oder eben der offenbaren Geisteskrankheit, der Schizophrenie im
* psychiatrischen Sinne, die nicht nur mit einer vorübergehenden quasi hypnotischen
oder aulosuggesthen IFemmung des Ichs, sondern mit Zerstörung seiner
Struktur einhergeht.

Tn diesen pathologischen Fällen der Spaltung entstammt nun der Spaltungskomplex
augenscheinlich derjenigen F nlerbewußtseinsscbicht, in der sich
die Verdrängungen befinden. Den Kern eines solchen Komplexes bildet eine
Verdrängung.

Diese Komplexe haben neben der Tendenz zur Selbsländigmaehung noch
eine weitere Eigenschaft: Sie suchen in der Richtung des Oberbewußtbeins
durchzubrechen. Und dieser Durchbruchversuch ist eben das, was wir Neurose
nennen. Den Vorgang können wir uns ähnlich vorstellen wie das Herumwandern
eines im Körper eingeheilten Fremdkörpers, der da und dort unter lebhaften
Schmerz- und Enlzündungsi»rscheiiumgen herauszusehwären \ ersucht. Frst wenn


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