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Krcner: Parapsychologie und Psychoanalyse.

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wie auf die Neurose und verwandle Krankheitserscheinungen — auch anwenden
auf Genialität, Talenlbildung, ekstatische und somnambule Zustände, endlich
auch auf den Mediumismus, auf den wir ja himauswollen. Wie das neurolislcho
Symptomenbild durch die Analyse seinen Widersinn verliert, so verschwinden
auch die scheinbaren Denkunmöglichkeilen der okkullen Phänomene bei analy-
lischer Betrachtungsweise.

Ob ein verdrängter Affekt, eine iriebhafle religiöse oder ethische Regung,
ein starker Eros, eine künstlerische Phantasiezone, ein intuitives unterbewußtes
Seelenorgan oder eine okkulte Fähigkeit sich abspaltet und ins Oberbewußtsein
\orstößl, und ob je nachdem ein Neurotiker oder Hysteriker, ein Künstler, ein
Genie, ein Prophet, ein Märtyrer oder Fanatiker, ein Somnambuler oder ein
Medium entsteht - - der Mechanismus ist in jedem Fall der gleiche. Spaltung
und Symbolwandlung finden wir dort wie hier. Kunst, Mystik, Religion wurzeln
im Unterbewußten und sind nichts wie Symbolausdrücke unterbewußter
Hegungen. Wir brauchen also die psychoanalytischen Gedankengänge nur
wenig zu erweitern, wenn wir einen Schlüssel zu den medialen Vorgängen,
finden sollen, der uns etwas weiter führt als die Mollschen Erklärungshypothesen.

Versuchen wir tiefer in den seelischen Mechanismus parapsychischen Geschehens
eirzudringen, so ist es zunächst notwendig, nach Analogien zum
okkulten A organg in der ]Normulbiologie zu suchen. Mit der Einteilung psychischer
Aktionen in ober- und unterbewußte kommen wir hier nicht aus, denn
die unterste Grenze des Unterbewußten im psychoanalytischen Sinne ist noch
lange nicht die unterste Grenze des Seelischen, des beseelenden, organisierenden
Prinzips, das organisches Leben aus toter Mvslerie schafft. Es gibt in der Tal
Lebens funktionell —- und alles Leben ist wiederum mit Bewußtsein verknüpft
— zwar nicht mit der Sichs°lbstbe\\ußthcit des Oberbewußtseins, so doch mit
Zielbewußtheit der Entelechie des ^eo\italismus — deren treibende seelische
Kraft tieferen Bezirken entstammt als dem Unterbewußtsein. Diese \ orgänge
sind: Erstens Vererbung, ferner die \egelali\en Funktionen des niederen Lebens,
wie Stoff- und Kraft Wechsel, Kreislauf, Zeugung und Wachstum, und schließlich
die seelische Verknüpfung des Individuums mit dem All, dem Kosmos,
der Weltseele, den Wesenheiten \or, um und nach ihm. Die Zione der Erblichkeit
nennen wir T i ef enb e wuß l s e i n; die des >egelati\en Lebens: > ego-
( a t i \ t s B e w u ß t s e i n , dessen Träger anscheinend das sympathische Nervensystem
und die innersekretorischen Drüsen sind; und die der kosmischen Verknüpfung
: metaphysisches, kollektives oder kosmisches Bewußtsein.

Wie gelangen nun seelische Inhalte in diese Bewußlseinszonen hinein? Bestirnt
nicht auf dem Wege mechanischer Kausalität und nicht durch das Tor
unserer oberbevvußten fünf Sinne. Bei der Vererbung, speziell der charakterolo-
gischen, gelangen beispielshalber seelische Komplexe auf dem Wege parapsychischer
Uebertragung, außerhalb der nur für das Oberbewußte gültigen
Raumzeitmechanik aus dem Eltern- oder Vorfahren-Individuum in den Fötus
hinein. Es scheint mir unmöglich, diesen Vorgang energetisch durch Prozesse
in den Keimzellen zu erklären. Ueberhaupt haben wir längst erkannt, daß
Leben nicht eine Funktion chemischer Prozesse sei. Es ist vielmehr eine
unabhängige Kraft, die die unbelebte Materie und ihre chemisch-physikalischen
Kräfte im Sinne ihrer Zielsetzung: Erhaltung und Fortpflanzung modifiziert
und dirigiert. Somit ist der Mechanismus der Vererbung als Telepathie, Uebertragung
von Seeleninhalt^n ohne Sinnesorgane und ohne physikalischen Beiz


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