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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0140
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Zunächsl müßte d<»r Muskelsinn gleichzeitig mit dem Tastsinn getäuscht
werden. Das wäre allenfalls noch denkbar, wenn sich die gefaßte Hand
dcinaterialisieren könnte. Da sie sich aber der sie fassenden Hand entziehen
muß, so entsteht eine unvermeidliche R e i b u n g. Schlimmer:
seihst bei noch so kühlen Händen entsteht eine gewisse Adhäsion, dert»n
Lösung bisweilen peinliche Empfindungen weckt, sicher aber nicht unbemerkt
bleibt. Auch dieses Wunder möge indessen als vollbracht unterstellt werden.
Jetzt müßte da« Medium der Kontrollperson die telepathische Suggestion geben,
daß sie eine Hand in der ihrigen festhielte. Denn ohne Suggestion würde eino
einzige unwillkürliche Bewegung den fehlenden Widerstand
deutlich werden lassen.

Die mangelnde Stetigkeit der Vufmerksamkeit wird stets ersetzt durch hin
und wieder einsetzende Konzentralionen. Darauf und auf den resultierenden
unwillkürlichen Bewegungen beruht bekanntlich das Muskellesen; es ist
also gewissermaßen die Grundlage der Zöllschen antiokkultistischen Existenz.
Hi er würde Moll mithin den Nachweis schuldig sein, daß der Zeitraum, den
das Medium zur Ausführung seines „Tricks* braucht, kürzer ist als der Zeitraum
, in dem eine unwillkürliche Bewegung auftreten kann. Undenkbar!

Endlich iber \erlangt Moll \on dem nahen Wunderglauben seiner Leser,
<er solle für wahr halten, daß jemand im Dunkeln die lUand eines andern erfaßt
, ohne daß dieser es merkt1).

Das sind die sinnespbysiologischen \ oraussetzungen für Molis Behauptung,
das Medium könne seine, >om IN achbar festgehaltene Hand befreien. Grund genug,
mit eleganter Wendung zu der ,,Psychologie" der Konlrollpersonen zurückzukehren
. Diese Wendung i«t geradezu klassisch:

„Weil ... die Kraft, mit der festgehalten wird, erlahmt .. . kann das
Medium sehr wohl dem Festhalten entschlüpfen. Aber noch wichtiger ist, daß
offenbar Konlrollpersonen oft gar nicht wissen, ob sie festgehalten werden,
oder ob sie festgehalten habe n." »

Für Molls „Psychologie" ist dieser Salz unentbehrlich. Man wird ihm
indessen wohl zubilligen müssen, daß es sich hier nur um eine „Fehlleistung
" handelt, indem das „noch wichtiger4* gar kein Werturteil bilden
sollte, sondern vielmehr dem schleunigen Wechsel des peinlichen Themas
galt.

Molls „praktische Psychologie" mit ..all ihren exakten und streng empirischen
Methoden" setzt \oraus, daß die Kontiollpersonen > o m Medium festgehalten
worden sind. Mit Gewalt muß also dieser unwahrscheinliche Fall
\on ihm konstruiert werden. Den Vorwand bietet die angebliche Erklärung
einer Konlrollperson, es wäre ja ganz gleichgültig, ob sie das Medium oder
das Medium sie gehalten hätte. Mag diese Erklärung laisächlich gegeben worden
sein oder nicht: kein Unbefangener wird sie anders verstehen als einen Hinweis
auf die Gegenseitigkeit des F e s l h a 11 e n s , und man wird Herrn
Moll um seine Theorie \om getäuschten Tastsinn gewiß nicht beneiden, wenn
sie ihn zwingt, an einem so banalen Sactrverhall herumzuklauben. Ja, selbst

*) In der Revisionsverhandlungr des Okkultisten-Prozesses am 27. Januar erklärte
Moll diesen „Trick'* so: das Medium bringe die Hände der Beisitzer einander nahe
und fasse dann mit einer Hand deren* beide. — Auch diese Erklärung darf man
ohne weiteres zur Kategorie der kühnsten Behauptungen rechnen, solange der
experimentelle Beweis dafür aussteht.


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