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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0162
Iiiig: Kundgebungen Verstorbener. 143

meidung eines Verstorbenen". Danach hatte der Maler P.
eine Tochter, von der er wußte, daß er nicht ihr Vater war, während
der Tochter selbst nichts diavon bekannt war. Der Maler weihte seinen
Freund, den Hauptmann Karl R., in sein Geheimnis ein, bat ihn, im Falle
Beines früheren Ablebens die Tochter über ihre wirkliche Abstammung
aulzukläien, und versprach dem Freund mit großem Nachdruck, ihm
nach seinem früheren Heimgang ein deutlich vernehmbares Zeichen zu
geben, wenn die Seele nach dem Tode weilerlebe. Als der Maler nach
zwei Jahren im Krankenhaus starb, erfolgten in der Wohnung des R. in
einem Kleiderschrank vier kräftige Schläge, die von der ganzen Familie
gehört und von R. sofort als Todesanmeldung des Malers gedeutet wurden.
Durch eine telephonische Anfrage im Krankenhaus wurde die Richtigkeit
dieser Vermutung bestätigt. Nun trat an K. die schwierige Aufgabe
heran, die hinterlassene Tochter des Malers von ihrer wahren Herkunft
zu unterrichten. Als er verlegen nach Worten suchte, sich seines Auftrages
zu entledigen, fand er die Tochter bereits unterrichtet. Sie war
kurz zuvor in einer spiritistischen Sitzung gewesen und hatte dort durch
den Mund eines Mediums von ihrem verstorbenen Vater, wie es in dem
Bericht heißt, erfiahren, daß sie nicht seine Tochter sei und daß die
weiteren Einzelheiten ihr von dem Hauptmann R. mitgeteilt würden.
Der Beiicbterstatter vermutet in dieser Doppelkundgebung die Anmeldung
eines Verstorbenen, bemerkt aber am Schluß: „Es wäre mir
sehr lieb, wenn dieser interessante Fall im Leserkreise einen Widerhai]
finden würde, aus welchem eine andere als eine spiritistische Erklärung
zulässig erschiene."

Auf Grund meiner vieljährigen Beschäftigung mit derartigen Fällen
möchte ich zu dem vorstehend dargestellten interessanten Fall folgendes
sagen: Die beiden Vorgänge müssen zunächst auseinandergehalten werden
. Das Pochen in dem Schrank ist nicht die Kundgebung eines Verstorbenen
, sondern die eines Sterbenden. Bei diesen Kundgebungen
wirkt sich nicht ein bewußter Wille aus, sondern eine ins Unterbewußtsein
versenkte, stark gemütsbetonte Idee oder Vorstellung. In verliegendem
Falle mag das gegebene Versprechen, dem Freund nach seinem
Tode ein Zeichen zu geben, zur Erklärung ausreichen. Denn das Versprechen
wurde ja mit großem Nachdruck gegeben und wurde noch durch
das gemeinsam behütete Geheimnis, das nach dem Tode des P. durch
den Freund der „Tochter" gegenüber aufgeklärt werden sollte, dauernd
lebendig erhalten, so daß die Vermutung, es habe in der Sterbestunde
des P. dessen Gemüt mit autosuggestiver Kraft beherrscht, zur Wahrscheinlichkeit
wird. Daß die Vorstellung von seinem ehelichen Mißgeschick
bei P. außerordentlich stark gemütstbetont war, braucht nach
Lage des Falles nicht erst bewiesen zu werden, und daß er sie aus dem
Bewußtsein ins Unterbewußtsein zu verdrängen suchte, sehen wir aus
seinem Bemühen, die havarierte Ehe glücklich weiterzuführen und die
Tochter nicht aus dem Glauben zu reißen, daß sie wirklich seine Tochter
sei. Aber das Bemühen, den Gedanken an das Trugspiel seiner Frau
durch Verdrängung ins Unterbewußtsein unschädlich zu machen, gelang
ihm nur scheinbar. Der Gedanke blieb in seinem Unterbewußtsein
lebendig und drängte von dort her nach Bewußtwerden und Beichte.


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