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Buchner: Der Mollprozeß in zweiter Auflage. 159

wichtigen neuen Momente in die Debatte, und das einzig Bemerkenswerte dabei
blieb der T o n, den Moll bei dieser Gelegenheit anzuschlagen beliebte. Zunächst
prüfte er Kröner wie einen dummen Schuljungen betreffs seiner literarischen
Kenntnisse auf okkultem Gebiet. „Kennen Sie das Buch \on..
„Ilaben Sie den Artikel in dem und dem Blatt gelesen?" — und diese ganzen
Fragen erfolgten keineswegs zu dem Zwecke, irgendwelche sachlichen Talbestände
aufzuklären, sondern nur um etwaige „Bildungslücken" Kröners festzunageln
. Der Richter fand hier die rechte Form der Abfuhr, indem er daran
erinnerte, daß Moll ja nahezu doppell so alt sei wie Kröner, sich also auch erheblich
mehr Literatur habe zu Gemfile führen können. Aber das alles war noch
\ orpostengeplänkel. „Ich kann nicht zulassen," donnerte Moll, „daß Kröner
als normaler Sachverständiger gewerlet wird!" Und nun folgten schwere Angriffe
auf die Berufspraxis Kröners, und zwar fußend auf der Tatsache, daß
Kröner eine Zeitlang mit einem bedeutenden diagnostischen Medium experimentell
gearbeitet und in einigen wenigen Ausnahmefällen und auf besonderen
Wunsch der Patienten die diagnostischen Fähigkeilen dieses Mediums
auch als Hilfsmittel bei der Praxis \erwendet hat. Kröner, der sich durch die
Zusammenarbeit mit diesem Medium ein besonderes Verdienst erworben hol,
wird sich über Molls taktlose Angriffe zu trösten wissen.

Als sich die Wöhren der Aufregung über diese Episode wieder geglättet
hallen, regte der Vorsitzende einen Vergleich an. Moll wollte erklären, daß
er das Medium nicht habe beleidigen wollen, und sollte erklären, daß er das
Medium nicht der Täuschung bezichtige. Aber, da er, was er sollte, nicht
wollte, und da es natürlich eine unzureichende Entschuldigung ist, wenn man
einem, den man geohrfeigt hat, hinterher mitteilt, man habe ihn nicht ohrfeigen
wollen, so verschwand die ^ergleichsmöglichkeit in der Versenkung, und die
Verhandlung schritt über den Weg der Plädoyers weiter zum Urteil.

Das Verwunderlichste an dem ganzen Prozeß ist für den Außenslohenden
wohl die Tatsache, daß der angeklagte Beleidiger ein bekannter Psychologe
ist und sich selbst wahrscheinlich für einen bedeutenden Psychologen hält,
daß aber die Psychologie als soldie im Laufe des Prozesses nicht nur nichl
genügend berücksichtigt, sondern geradezu mit Füßen getreten worden ist.
Findel denn der schwere Vorwurf des Betruges (der, wenn auch das Wort nicht
gebraucht ist und allerlei beschönigende Erklärungen den Talbestand zu verrücken
suchen, doch in der Molischen Broschüre mit um erkennbarer Deutlichkeit
ausgesprochen wird) irgendwelche psychologische Unterstützung in den
tatsächlichen Verhältnissen, in der Person des Mediums, in der Person des
Privalklägers (ihres Gallen), in der Person der Tochter, die den meisten Phänomenen
als Zeugin beigewohnt hat, in der Person der Sitzungsteilnehmer, in
dem ganzen Milieu, in der Gesamtheit der Berichte und Zeugnisse über die
Vorgänge in jenem Tlause? Nur eine rettungslose psychologische Unfähigkeit
würde derartige Behauptungen aufstellen können, und nur leichtfertige Draufgängern
wird diese psychologischen Moniente als Imponderabilien abtun und
ignorieren.

Anmerkung. Es gehört in das Kapitel der taktischen Manöver und der
Verdächtigung seiner Gegner, daß Moll auch wiederholt erklärte, ich hätte im
1. Prozeß beschworen, daß die Kette vor Dunkelmachen gebildet sei,
während andere wieder das Gegenteil behauptet und auch beschworen hätten.
Etwas derartiges ist mir natürlich nicht im Traume eingefallen: Ich konnte selbstverständlich
und mit ruhigem Gewissen nur beschwören, daß ich selbst die


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