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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0187
168 Zeitschrift für Parapsychologie. 3. Heft. (Marz 1926.)

illegitimes \ erhältnis mit der echten Taschenspielerei ein, umgibt sich mit einer
Schulzmauer von VarJelelelepathen, Pseudomcdien und Plagiatoren des Okkulten
, um an ihnen seine These zu demonstrieren und den echten Phänomenen
aus dem Wege zu gehen. Dieser Beweis ist und bleibt natürlich ein Scheinbeweis
, der bereits in der Analogie erstickt, niemals aber an den Kern der Dingo
selber herankommt, denn da\or steht ja die Barriere, daß „nicht sein kann,
was nicht sein darf". Es ist die Arbeit eines Sysiphus, und eine große Kraft
und ein großes Talent wird auf diese Weise in fruchtlosem Bemühen und in
der ewigen Rekapitulation neurotischer Abwandlungen und Verneinungen vergeudet
. „Die Kritiker", sagt Proust zu einer Zeil, wo es noch keine Psychoanalyse
gab, „sind die verschmähten Liebhaber der Muse." Dieser Satz beschließt
auch die Tragik des Falles Moll.

Jed^r aber, der in wohlmeinender oder polemischer Absicht sich in den
Sirahlenkegel solcher Affekte begibt, wird Haßentladungen auf sich ziehen. Das
haben wir zu unserem Bedauern zur Genüge erleben müssen, und manch einer
wird durch Molische Taktik selber in den Anti-Moll-Komplex hineingepcilscht
worden sein. So entsteht eine Verkrampfung im Polemischen, die weder
der Wissenschaft noch dem Ansehen der Forscher nützt xmd lebhaft an die
beiden Löwen erinnert, die sich bis auf die Schwänze gegenseitig verschlangen.

Hier hilft nur Einsicht in die psychologischen Zusammenhänge, und diese
verstehen, heißt alles verzeihen und auf polemische Kinnhaken verzichten.
Die Gelehrsamkeit und die sonstigen wissenschaftlichen Verdienste Herrn Molls
in allen Ehren — auf dem Gebiet seiner TeiJneuros«' mit ihm anbinden, heißt
ihn künstlich mit Affekten laden und sich immer wieder vom Regen in die
Traufe begeben, ohne daß man etwas anderes erreicht als Verwirrung der Tatbestände
unter persönlichem Gezänk. Welcher Psychologe versucht z. B. eine
Frau im neurotischen Affekt mit \ ernunftgründen zu überzeugen!

Deswegen bitten wir die Freunde und Mitarbeiter unseres Blattes: Blasen
wir ab! Nehmen wir das alles so wenig tragisch als möglich. Sarhlich Unrichtiges
mag niedrig gehängt, berichtigt, Entgleisungen mögen ironisiert werden,
ganz Unsinniges schweige man tot. Es lohnt nicht die Aufregung, und man soll
Affektives verpuffen lassen, anstatt es durch Bekämpfung zu verewigen Wohin
das sonst führt, glaube i(h durch einige herausgegriffene Beispiele belegt zu
haben. Die Anahse ces Moll-Komplexes bringt den eignen Anti-Komplex zum
Schwinden. Auch auf der Seite, die beide noch gegnerisch und ablehnend eingestellt
zu sein scheint, wirjd eine Scheidung der Geister eintreten, hat
bereits eingesetzt. Die Macht der Tatsachen, das beiderseitige Wahrheit?»-
streben wird tolsicher zu einem Zusammengehen führen müssen xmler Ausscheidung
des Extremismus und der Gefühlsbetonung dort wie hier. Warten
wir ab, suchen wir zu vergessen, stören wir diese Evolution nicht durch Vereinigung
persönlicher Kontroversen und Fixierung affektiver Einstellung. Das
jNichtbeachten unzeitgemäßer Angriffe — auch wenn sie nicht Internum der Fachwissenschaft
bleiben, sondern brunncnvcrgiC lender weise in breitete Oeffenl-
Jichkeit getragen werden - -, bleibt, nach Erfahrung der lelzten Jahre zu urleilen
, im Endeffekt die stärkere Waffe. Warten wir mit Zurückhaltung ab,
was auf der Gegenseite geschieht. Nicht an unversöhnlicher Haltung dürfen
Verständigungsversuche scheitern, ebensowenig wie wir freilich Veranlassung
haben, jemand nachzulaufen. Wer als erster den sachlich richtigen
Standpunkt innehielt, hat Zeit und Nerven, zu warten.


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