Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0198
Dreher: Zur Frage des Spiritismus.

179

Erscheinung am Sarge der schwedischen Königin handeil es sich um die Manifestation
einer Sterbenden, deren letzte Gedanken von der verstorbenen
königlichen Freundin beherrscht gewesen sein dürfen. Die Erscheinung der
Königin ist keine selbständige, sondern ausschließlich bedingt durch die Erscheinung
der sterbenden Grätin. — Daß Sterbende häufig mediale Fähigkeilen
erlangen, ist nicht zu bezweifeln. Man sagt, wenn ein Sterbender mit seinen
Tolen spricht, so sei seine lelzte Stunde gekommen, und vielfach ist berichtet
worden, daß diese Tolen auch den am Sterbebett weilenden Personen sichtbar
wurden. — Auch im Falle der schwedischen Königin kann eine spiritistische
Hypothese durchaus nicht befriedigen, weil sie die Frage nach einem vernünftigen
Grunde der seltsamen Erscheinung völlig unbeantwortet läßt. Von
den Seelen zweier Abgeschiedenen sollte man doch annehmen, daß sie auch
anderorts Gelegenheit hätten, sich zu umarmen, ohne damit ein so ungeheures
Aulsehen zu erregen.

Nicht eine „Anhäufung", nein, eine einzige „bloß spiritistisch erklärbare
Begebenheit" würde ausreichen, um die Anerkennung der spiritistischen
Hypothese zu siehern.

Ueber Fälle, die nahezu die Bedingung zu erfüllen scheinen, daß sie nur
eine spiritistische Deutung zulassen, hat z. B. Quade1) berichtet, die sog.
„Kreuzkorrespondenzen, bei denen der Geist eines Verstorbenen, mutmaßlich
der >on Myers, durch verschiedene Medien gleichzeitig etwa in Kalkutta, Cambridge
und London oder Boston Mitteilung gemacht habe. Allein für sich gäben
sie keinen rechten Sinn, zusammengestellt aber ließen sie einen gemeinsamen
Ursprung erkennen, der eben nur in einem Verstorbenen liegen könne." Da aber
nicht einmal die Identität des betr. Verstorbenen mit Sicherheit, sondern
nur „mutmaßlich" ermittelt \>erden konnte, so wird man auch auf diesen Fällen
eine spiritistische Wellanschauung nichl aufbauen können.

Da im übrigen Quade und mit ihm die Mehrzahl der Spiritisten ihre
Ilauptargumente der Beobachtung entnehmen, daß Talsachen, Handschriften,
Sprache usw. dem Medium u njb e k a n n t gewesen seien, so muß von vornherein
damit gerechnet werden, daß die Berichte den Kernpunkt der Frage
gar nicht anschneiden, angesichts einer Fragestellung, die ich durch meine Ausführungen
zu den Manifestationen des Prof. Ochorowicz2) als irrtümlich erwiesen
zu haben glaube.

Was die von Driesch (a. a. 0.) erwähnten Fälle betrifft, daß das
Medium bei Manifestationen eines Verstorbenen Einzelheiten reproduziere, von
denen unter mehreren An- und Abwesenden der eine diese, der andere jene
kenne, während keiner für sich allein Kenntnis habe von allen reproduzierten
Einzelheiten, so scheinen mir auch diese Fälle keinen spiritistischen Beweis
tragen zu können, da Erklärungen denkbar wären, wenn man die Personal-Teilkomplexe
in ihren verschiedenen Werten etwa als Schwingungskreise psychischer
Energie auffaßt, die mit einander in Resonanz stehen, so daß das Medium,
das> sich gewissermaßen auf die gleiche Wellenlänge schaltet, in der Tat aus
einem Totalkomplexe schöpfen könnte, der in seiner Totalität in keinem Einzelindividuum
vorhanden ist. — Damit soll kein naturwissenschaftlicher Sachverhalt
behauptet, wohl aber eine Richtung angedeutet werden, in der auch
solche uns heute noch unlösbaren Fragen vielleicht eine Beantwortung finden
könnten.

0 Psych. Studien, März 1923. 2) Psych. Studien, Dezember 1925.

12*


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0198