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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0239
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liegen, durch die er uns in Spiegelschrift Nachrichten zukommen ließ, meistens
kurioser und belustigender Art. Auch hier stellte ich bald eigne Versuche an,
legte ein leeres Blatt nebst Bleistift auf den Schreibtisch und bat den Geist,
das Papier zu beschreiben. S. Y. gab dann die Anzahl der Minuten an, die wir
warten mußten. Wir mußten uns in der Zwischenzeit umdrehen. Während ich
nun meine Schwester bei den Händen ergriffen hatte und ungefähr \ier Schritte
vom Sekretär abstand, hörten wir es deutlich auf dem hingelegten Papier
kritzeln, dann den Bleistift hinwerfen, und fanden hierauf die Antwort fertig
vor. Nötig war diese Art Verständigungsmittel nicht, da S. V. für gewöhnlich
durch das Bewußtsein meiner Schwester mit mir in ständigem Kontakt stand.

Es war vielleicht am dritten Tage, als ich den Geist bat, während meiner
Abwesenheit — ich hatte an diesem Nachmittage Unterricht, der mich auf ungefähr
zwei Stunden \on Hause fern hiolt — mein Zimmer gründlich aufzuräumen
. Er sagte es durch den Mund meiner Schwester zu, und ich halle auf
die Zusage des Geistes auch immer die Gewißheit, daß das Versprochene wirklich
geleistet wurde. Dieses Moment erscheint mir sehr wichtig. Später habe
ich in sogenannten spiritistischen Zirkeln die Erfahrung gemacht, daß von den
Spirits die wunderbarsten Phänomene angekündigt, aber wegen inzwischen eingetretener
technischer Schwierigkeiten nicht ausgeführt wurden. Für unseren
S. V. schien es dergleichen Hemmungen nicht zu geben, und er kam seinen Zusagen
stets pünktlich nach.

Nun muß ich noch erwähnen, daß das Vorderzimmer zwei große Flügeltüren
besaß, von denen die eine auf den Alkoven, die andere auf den Flur der
Vordertreppe führte. Beide Türen besaßen große Milchglasscheiben, welche
\on der Vorderstube aus durch rote Vorhänge verhüllt waren. Diese waren
mittels Reißzwecken ringsum an dem Türrahmen befestigt. Ehe ich nun das
Zimmer verließ, löste ich an einer Seite derjenigen Tür, die auf den Flur
führte, die Reißstifte, schob den roten Vorhang ein wenig beiseite und heftete
die Reißstifte nebenbei ins leere Holz. Da die Milchglasscheiben infolge darauf-
gezeichneter Blumenmuster durchsichtige Stellen besaßen, konnte man auf diese
Weise von außen her einen großen Teil des Zimmers überschauen. Ich nahm
nun an, daß der Geist sich zur leichteren Erledigung seiner Arbeit gelegentlich
materialisieren würde und ich auf diesem Wege bei meiner unerwartet schnellen
Rückkehr — ich hatte ihren Zeitpunkt absichtlich später angegeben — unseren
Hausfreund bei seiner Arbeit sehen könnte. Um meiner Sache einigermaßen
4 sicher zu sein, verschloß ich die beiden Türen des Vorderzimmers und nahm die
Schlüssel mit.

Als ich zurückkehrte, war es mein erstes, an besagte Tür zu eilen, um durch
die Spalte des Vorhangs in das Zimmer zu blicken. Allein, ich entdeckte zu
meiner Ueberraschung, daß der Voihang von innen \orgezogen war und keinerlei
Durchblick gestattete. Ehe ich nun die Tür öffnete, schritt ich durch die
Nebentür in den Alkoven und von hier aus in die Wohnstube. Hier fand ich
einen großen Teil der Möbel von der Stelle gerückt, so waren z. B. zwei große,
schwere Blumentöpfe mitsamt ihren eisernen Ständern von der Hinterwand an
die gegenüberliegende Seite des Zimmers gewandert. Die Tür zur Küche war
geschlossen. Als ich sie öffnete, flohen beide Mädchen mit großem Geschrei
aus der Küche, indem sie meinten — wie sie mir gleich versicherten — der
Geist wolle, nachdem er in der Wohnstube wüst gehaust, nun auch zur Eroberung
des Küchenterrains schreiten.


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