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Augenblicke bei vollem Tageslicht materialisiert. Wir konnten das Hin- und
Her wandeln des Schadens genau verfolgen, und ich sagte mir, daß hier keine
Nachlässigkeit von seilen des Geistes vorlag, die uns zum Zeugen seiner vorhandenen
Körperlichkeit machte, sondern, daß er uns hier mit voller Absicht
einen siriklen Beweis seiner Malerialisalionsfähigkeit liefern wollte.

Dies waren die hauptsächlichsten Phänomene, die sich in jener für mich so
interessanten Periode ereigneten, und ich wählte aus der Fülle jen^r Erlebnisse
gerade die heraus, welche mein Gedächtnis in unverminderter Treue bis auf
den heuligen Tag bewahrt. Ehe ich nun meinen Bericht schließe, möchte ich
noch kurz das Ereignis erwähnen, welches wie kein anderes angetan war, die
spiritistische Hypothese als ursächlichen Faktor zu rechtfertigen. Ich habe in
den Amalen des Okkultismus kein ähnliches Beispiel gefunden, das den Schluß
auf eine außenstehende Intelligenz so erhärtet wie dieses. Bei Anerkennung;
des realen Tatbestandes würde es den nur mediumislisch eingestellten Okkultisten
schwor hallen, mit ihrem alles erklärenden und allwissenden Unterbewußtsein
vorliegendes Problem restlos und befriedigend zu lösen.

Ich komme nun zur Darstellung jenes einzig dastehenden Phänomens. Es
ereignete sich, als das Medium infolge einer kleinen Erkältung das Bett hüten
mußte. Ich dachte, Hilde eine Freude zu machen und holte ihr vom Kaufmann
eine Tüle Bonbons. Mit dieser Tüte zu ihrem Bette schreitend, kam ich
auf die sonderbare Idee, nvine Schwester zu läuschen und ihr einzureden, ich
hätte die Tüle soelx n im Vorderzimmer liegen gefunden.

Ach, unser guter S. V.! rief da Hilde mit leuchtenden \ugen aus. In ihrem
Gesicht war auch nicht der leisere Zweifel über die Wahrheit meiner Worte
zu lesen. Mir selbst tat schon meine Unehrlichkeil leid, da ich bemerkte, wie
leicht meine Schwester auf den plumpen Schwindel hereinfiel.

Doch, was geschah? Ebm als Hilde sich über den Inhalt der Tüle hermachte
, sah ich ein Blatt Papier in der Luft schweben und sich langsam auf das
Bett meiner Schwester, auf dessen Band ich selber Platz genommen balle,
niederlassen. Sprachlos ergriff ich den Zettel. Mir starrten die wohlbekannten
Spiegelschriftzüge unseres S. V. ^nlgegen, und ich las nun, den Zettel gegen
das Licht hallend, die kurzen, überraschenden Worte: Lieher Ernst! Ich danke
Dir, daß Du der Hilde die Bonbons gekauft hast. Dein Freund S.V. —

Die leichteste und billigste Art, dieses Problem zu lösen, bleibt immer
wohl die, den ganzen Bericht mit überlegen lächelnder Miene ins Gebiet des
Märchens zu verweisen, und das wird zweifellos auch die Mehrzahl der Leser
tun, da der Bericht eben nicht aus der Feder einer hochgradigen Autorität
stammt. Hiermit ist ahei leider der Sache wenig gedient, da die Tatsachen
an sich durch glattes Ignorieren einmal nicht aus der Welt zu schaffen sind,
und ich sehe keinen Grund, warum spontan hervortretende Phänomene, die
sich in so unerhört drastischer Weise einem Laien kundtun, wertloser sein sollen
als diejenigen, die sich der gelehrte Forscher in hunderten Versuchen erarbeitet.
Ich will hiermit nicht sagen, daß ich die Versuche auf exakter, methodischer
Grundlage gering einschätze, aber letzten Endes sind die Manifestationen zwingendster
Natur immer eine Gnade und ein Geschenk intelligenter, höher stehender
Kräfte, und man würde sich selber schädigen, über diese Offenbarungen
jiichtsachlend hinwegzuschreilen

Ich habe über vorstehenden Fall selbst lange und intensiv nachgedacht und
bin doch schließlich zu der l Vberzeugung gelangt, daß hier die spiritistische

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