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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1926.)

Gesicht bekommt, ist ja vielfach erstaunlich genug. Nicht nur die wundervollsten
Arabesken, Ornamente, Blumen- und blumenähnlichen Muster werden da
aus dem schöpferischen Unterbewußtsein — sollte man nicht sagen: Ueber-
bewußtsein? — heraufgeholt und versichtbart, wenn dieser Ausdruck gestattet
ist, sondern zuweilen ganz© Szenen von sprechendem Symbolgehalt, die eines
tieferen, manchmal ergreifenden Sinnes keineswegs entbehren.

Erheblich seltener als die malerischen oder zeichnerischen sind augenscheinlich
die musikalischen Medien. Mag dies nun auf die Tatsache der
schwierigen Technik oder auf eine andere Ursache zurückzuführen sein. Immerhin
kommen sie vor, und man hat gelegentlich von schönen Klavierphantasien
im Trancezustande gehört. Zu den größten Seltenheiten gehören aber zweifellos
komponierende Medien, und es scheint mir darum wohl gerechtfertigt,
hier über einen solchen Fall zu berichten, mit dem mich das Jahr 1925 zusammengeführt
hat.

Es handelt sich um die Klavierlehrerin Elisabeth Strauß, geboren
am 27. Dezember 1881 in Terespol, Kreis Schwetz, also im alten Westpreußen.
Da es wissenschaftlich immer wünschenswert ist, festzustellen, auf welcherlei
Boden Fähigkeiten besonderer Art gewachsen sind, sei hier einiges über die
Erbanlagen der Familie gesagt und zunächst betont, daß zu der berühmten
Musikerfamilie Strauß keine — wenigstens keine wissentlichen —
Verwandtschaftsbeziehungen bestehen. Es handelt sich vielmehr um eine gesunde
, langlebige, sozusagen gut bürgerliche Familie. Der Großvater väterlicherseits
war für den geistlichen Beruf bestimmt, hatte aber sehr
leichtes Blut, hängte den Geistlichen an den Nagel ufrd richtete eine große,
gutgehende Färberei ein. Leider geriet er an den Trunk und verlor dadurch
Haus und Hof. Es waren in seinem Elternhause sieben Kinder, die ersten hatten
eigene Hauslehrer, die letzten besuchten in Holzpantinen die Dorfschule".
Der Großvater wurde 92 Jahre alt. Die Großmutter starb mit 84. Der Yater,
jetzt 72 Jahre alt, ist eiue ganz materiell eingestellte Natur, starker Raucher,
äußerst herzensgut und umgänglich. Musikalisch ist er nicht, wohl aber mit
einem sogenannten Basteltalent begabt. Blumenständer, Blumentische
aus Eisen und Draht, ja, ganze Bettgestelle hat er geschnitzt und verfertigt.
Die Mutter, ein ganz einfacher Mensch, entstammte einer wohlhabenden
Bauernfarailie und besaß keine besondere Geschicklichkeit irgendwelcher Art,
sie war gänzlich unmusikalisch, doch sehr fromm veranlagt.

Yon den neun Kindern waren zwei Totgeburten, fünf starben im zartesten
Alter. Nur zwei, die älteste Schwester und Elisabeth, als die jüngste, blieben
am Leben. Die Schwester war verwachsen, sehr geschickt in Handarbeiten, ein
Rechengenie, auch etwas schriftstellerisch begabt; sie starb an Herzschwäche
mit 38 Jahren.

Elisabeth war immer sehr zart und schwach, am empfindlichsten der
Magen. Außer Windpocken nie ernstlich krank. Sie ist mittelgroß, ganz hellblond
, sehr feines Haar, lang und reichlich. Augenfarbe auch „hellblond",
d. h. gelbgrün, von unbestimmter Farbe, scharf dunkelgrau umrandet. Gute,
fast vollständige Zähne.

Das beste Schulfach war Erdkunde, dann Physik,* Altertum, Englisch,
endlich Turnen, Religion, Deutsch und Geschichte unbeliebt. Der „Traum ihres
Lebens" war ursprünglich die Malerei. „Kein Blatt Papier," so schreibt
sie, „war vor mir sicher. Stundenlang kann ich vor Böcklin sitzen, Triton und


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