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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0467
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Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1926.).

mehrfach bei Nacht den Eindruck, als ob jemand in ihrem Zimmer sei. Der Hund
der Familie konnte einige Tage lang nicht dazu gebracht werden, freiwillig vom
1. Stock nach oben zu gehen; meist saß er bellend und heulend unten an der Treppe.
Frau Varick konnte ihn nur beruhigen, indem sie ihn auf ihr Zimmer im 2. Stock
trug. Frau Anderson sagte, daß wenn Herr und Frau Varick ausgegangen waren,
der Hund häufig mit gesträubtem Fell unruhig die Treppe hinaufging bis zu dem
Raum im 4. Stock über Frau Andersons Zimmer, wo diese abends die schweren
Schritte zu hören pflegte, um dann wieder herunterzukommen und abermals hinaufzugehen
. Da die früheren Mieter nachträglich bestätigten, daß sie ganz ähnliche
Erlebnisse in dem Hause hatten, und dieses, obschon in einem sehr guten Stadtviertel
liegend, zehn Jahre lang nie für längere Zeit vermietet werden konnte, so
besteht kein Zweifel an der Realität der Erlebnisse; doch wird der Fall seltsam
kompliziert durch die Tatsache, daß, wie von Sachverständigen festgestellt wurde,
der Ofen der Heißluftheizung nicht richtig brannte, so daß Kohlenoxyd- und Schwefeloxydströme
statt durch den Schornstein abzugehen, teilweise in die Wohnung getrieben
wurden. Da Kohlenoxyd färb- und geruchlos ist, wurde dies erst spät entdeckt
; durch seine Giftigkeit kann es den Tod oder bei Aufnahme geringerer Mengen,
andere Veigiftungserscheinungen (Kopfschmerzen, Bewußtlosigkeit, Lähmung, Konvulsionen
u. dgl.) herbeiführen. Das mehr oder weniger bedeutende Unwohlsein
fast aller Mitglieder des Haushalts (etwa 12 Personen) kurz nach dem Einzug, ist
zweifellos auf das Einatmen der Gase zurückzuführen, ebenso das Eingehen der mitgebrachten
Pflanzen; das Gelbwerden des Silbers dürfte der Wirkung der Schwefelgase
zuzuschreiben sein. Manche der Empfindungen der Hausbewohner, solange sie
im Bett lagen, dürften gleichfalls auf Beklemmungen durch die Gase zurückgehen,
obgleich fast alle betonen, daß sie stets bei offenem Fenster schliefen. Die Frage
ist nun, ob das zweifellose Vorhandensein der schädlichen Gase den Fall restlos
erklärt, oder ob ein nicht erklärlicher größerer Rest übrigbleibt.

Dr. Schneider, der die Schadhaftigkeit des Ofens entdeckte, schrieb am 9./V. 1913
in die Zeitschrift „Science" (Bd. 37, S. 711/12) einen Artikel, in dem er alle Phänomene
auf Gaswirkungen zurückführt und annimmt, daß ähnliche Ursachen auch
sonst „Spukerscheinungen" zugrunde liegen könnten. Im American Journal of
Ophtalmology (Febr. 1921) schrieb später Dr. med. Wilmer einen Artikel über den
Fall und erklärte die verschiedenen Visionen als Einwirkungen des Kohlenoxyds
auf das Auge. Prince gibt Auszüge aus beiden Arbeiten und betont mit Recht, daß
beide Gelehrte das zu erklärende Material dadurch verbiegen, daß sie alles weglassen
, was nicht zu ihren vorgefaßten Meinungen paßt. Prince studierte nach
Dr. Wilmers Angaben Artikel von 24 Aerzten über die Wirkungen von Kohlenoxyd;
in kaum einer dieser Arbeiten waren Hinweise enthalten, daß eine langsame Koh-
lenoxydvergiftung Halluzinationen im Wachzustand des davon betroffenen hervorrufe
, geschweige denn, daß verschiedene Personen hierdurch gleichzeitig
die gleiche Gehörs- oder Gesichtshalluzination haben könnten. Die Gastheorie
kann auch kaum begreiflich machen, warum die meisten Erlebnisse am frühen
Abend e'ntreten; besonders auffällig ist, daß gerade in der Nacht, die auf Dr. Schneiders
Entdeckung folgte, wo also alle Bewohner des Hauses glauben mußten, daß
eine bloße Störung durch Kohlenoxyd vorliege, und deshalb sämtlich bei offenem
Fenster schliefen, die Erscheinungen am schlimmsten waren, die Schritte ertönten
stundenlang unermüdlich, und das schleichende Etwas kroch um die Betten und
auf diese, die darin Liegenden stärker als sonst paralysierend, so daß die unverzügliche
Räumung des Hauses beschlossen wurde. Nach eingehender Prüfung von
Dr. Princes höchst interessanter Arbeit, muß ich mich seiner Meinung anschließen,
daß ein anderer Faktor den Gaswirkungen zu Hilfe gekommen sein muß; ob es
sich dabei um Geister früherer Hausbewohner, oder um eine andere metapsychische
Ursache handelt, bleibe dahingestellt. Sehr erfreulich wäre es, wenn
auch deutsche Aerzteüberlegen wollten, ob sie es für möglich
halten, daß in einem Dutzend normaler Personen, die
einander zum Teil ihre Erlebnisse längere Zeit verschwiegen
, eine leichte chronische Kohlenoxvd Vergiftung derartige
übereinstimmende Gehörs- und Gesichtshalluzina-
tionen hervorrufen könnte; vielleichtteiltuns der eine oder
andere Arzt das Ergebnis seiner Ueberlegungen mit.

Rudolf Lambert.


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