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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0549
520 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1926.)

bewußtseine imstande sind, mit Inbetrachtziehung einer Anzahl von Umständen
die noch restierende Lebensfrist zu berechnen.

Wer einem Unterbewußtsein ein so vollkommenes Hellsehen, und vor allem
eine so überwältigende Intelligenz nicht zumuten mag, kann versuchen, die
Eingebung auf eine gänzlich aus der Luft gegriffene Phantasie zurückzuführen
, und vorauszusetzen, daß die Erwartung der Verwirklichung, z. B. das
Herz lahmlegen, oder den normalen Widerstand gegen die im Körper wohl
immer anzutreffenden Krankheitserreger aufheben kann. Weil aber nur eine Kraft
oder ein Wunsch als Ursache einer Bewegungsänderung gedacht werden kann,,
müßte die Erwartung jedenfalls von einem im Unterbewußtsein des Beteiligten
tätigen, also möglicherweise nur unterbewußten Todes wünsch begleitet sein,
was z. B. zu vermuten ist, wenn der von seinem nah bevorstehenden Tode
überzeugte Beteiligte sich darüber augenscheinlich keine Sorgen macht.

In den Ann. d. Sc. psych. (1916) erwähnt Geley folgenden Fall, den er
selbst beobachtet hat. Der am 3i. Oktober 1916 im 76. Lebensjahre gestorbene
d'Encausse hatte ungefähr ein halbes Jahr vorher seiner Familie mitgeteilt, daß
er noch im selben Jahre sterben würde. Weil er diese Behauptung öClers-
wiederholte, nur wenig zu sich nahm, und augenfällig abmagerte, beunruhigte
man sich und wollte, daß er den Arzt kommen ließe. Doch weigerte er sich,
weil er sich gesund fühle und an der Sache doch nichts zu ändern sei. Der
Arzt dürfe erst kommen, wenn es mit ihm zu Ende gehen sollte, und nur, weil
das sich nun einmal so gehöre.

Am 21. oder 23. Oktober meinte d'Encausse den Tag angeben zu können.,
Es sollte der 3i. Oktober sein. Erst am 28. erlaubte er den Seinen, Dr. Geley
zu holen, der übrigens von der Tochter, einer in Paris namhaften Wahrsagerin
namens Mme. Fraya, regelmäßig von den wunderlichen Voraussagungen des
alten Herrn unterrichtet worden war. G. fand einen stark abgemagerten aber
noch tüchtigen alten Mann, bei welchem er keine organische Krankheit, außer
einer leichten, schon seit Jahren bestehenden chronischen Bronchitis, feststellen
konnte. Das Herz war gesund und die Temperatur normal. Ohne irgendeinen
Erfolg, versuchte G. ihm die Sache auszureden. d'E. blieb fest davon
überzeugt, daß er einige Tage später sterben würde, und machte sich darüber
keine Sorgen.

Am 29. ergänzte er seine Prophezeiung mit folgendem: „Ich werde am 3i.„
punkt 12 Uhr, sterben. Ich werde nicht leiden, keinen Todeskampf haben und
bfe zuletzt sprechen können. Zu .Mitternacht wird es den Anschein haben,
daß ich einschlafe, das wird aber der Tod sein. Dann wird eine von Ihnen —
seine Familie bestand aus Frau, Tochter und Enkelin — einen Nervenanfall
bekommen und schreien, was meinem Abscheiden hinderlich sein wird/' Der
3o. Oktober verlief ohne Zwischenfall. Am Morgen des 3i. fühlte d'E. Stichd
in der linken Seite. Er legte sich hin mit der Versicherung, daß er nicht wieder
aufstehen würde. G. sah ihn am Abend. Er konstatierte eine beginnende linksseitige
Lungenentzündung und eine Temperatur von 4o,3. Das änderte die
Sache; ein tödlicher Ablauf in den ersten Tagen war jedoch nicht wahrscheinlich
.

Alles aber geschah, so wie es vorausgesagt war. d'E. litt nicht, sprach bis
zuletzt und machte seine letzten Anordnungen. Halb Zwölf fragte er, wie spät
es sei. In der Hoffnung, ihn aus dem Text zu bringen, sagte seine Frau:
• „Zwei Uhr," worauf der Kranke antwortete: „Nein, es ist noch nicht Mitter-


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