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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0579
550 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1926.)

Hypothese zu schreiten, daß auch im Sterben so wie beim Einschlafen oder
"bei der Herstellung der analytischen Situation das verdrängte Unbewußte zur
Herrschaft gelangt1); nur daß dieses Unbewußte im Spuk und in den Symptom-
Handlungen des neurotischen Patienten agiert, zum Unterschiede vom bloß
halluzinatorischen Traumleben der traumatischen Neurose, das den Kranken
immer wieder in die Situation seines Unfalles zurückführt2). Zu der ersten
Kategorie von Spukkundgebungen (Analogie mit dem Traumleben der traumatischen
Neurose) gehören jene Fälle, die durch einen plötzlichen oder gewalt-
samen Tod, sei es Ermordung oder Selbstmords), oder durch em anderes
Schreckerlebnis unmittelbar vor dem Tode verursacht scheinen. Man könnte hier
vielleicht auch an einen Gedanken Freuds anknüpfen, daß jeder Organismus
nur auf seine Weise sterben will4), und im Spuk eine Reaktion der tiefsten
biologischen Mächte gegen dieses Trauma des Todes erblicken. Es hat
nämlich den Anschein, als ob der im Spuk wirksame Wiederholungszwang
von Triebregungen ausginge, die die Wiederherstellung des früheren Gleichgewichtszustandes
anstreben5). Unklar bleibt nur unserem YerSkändnis, warum
bei dieser Art von Spukkundgebungen einmal die Lebensgewohnheiten der verstorbenen
Person nachgeahmt werden, ein anderesmal die Todeskatastroph©
selbst mimisch wiederholt wird 6), in einem dritten Falle wieder Spukphänomene
auftreten, die überhaupt keinen erkennbaren Bezug auf Leben und Tod der
verstorbenen Person zu haben scheinen. Soll man annehmen, daß in diesem
letzten Falle der Wiederholungszwang gar nicht wirksam ist oder daß er nur
aus irgendwelchen Gründen nicht rein zum Ausdruck gelangen kann oder endlich
, daß die spukende Intelligenz auf irgendeine, ihr eben mögliche Art und
Weise die Aufmerksamkeit der Lebenden zu erregen versucht, um eine Mitteilung
zu machen7)? Bei dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens können
wir leider alle diese Fragen nicht befriedigend beantworten.

Mit der letzten Annahme haben wir bereits den Uebergang zu der zweiten
Gruppe von Spukfällen vollzogen, bei der man versucht ist, an eine Verursachung
durch einen vom Ich bei Lebzeiten nicht bewältigten psychischen Inhalt
oder durch einen unerledigten moralischen Konflikt (zwischen Ich-Ideal
und Aktual-Ich) zu denken. Auch hier steht das Spuken so wie das neurotische
Agieren während der Analyse im Dienste des Wiederholungszwanges. In dieser

* i) Wie stets, wenn psychisch die Intrauterinsituation wieder auflebt.

*) Die Periodizität vieler Spukfälle läßt sich wahrscheinlich durch Fixierung
an den Moment des „Traumas" erklären.

ö) Dem Volksglauben ist der Zusammenhang des Spukes mit gewaltsamer
Todesart geläufig. Die spiritistische Bewegung nahm von einem solchen Spukfall
(in Hydesville, 1848) ihren Ausgang.

4J Freud, a. a. O., S. 217.

b) Diese Tendenz zur Wiederholung bezieht sich biologisch letzten Endes auf
die Wiederherstellung des früheren Zustandes (im Mutterleib). Vgl. O. Rank:
Die analytische Situation. Wien 1926. S. 210, Anm.

6) Vielleicht ist die Stärke des Traumas hierfür maßgebend. — In einzelnen
Fällen wird die Todesart nur symbolisch wiederholt (z. B. ein tödlicher Sturz durch
herabschwebende und platzende Kugem).

7) In dem von B o z z a n o nach dem Journal of the S. P. R. (Vol. IV, p. 27)
zitierten Falle XIII ist es zweifelhaft, ob die charakteristische Haltung des Gespenstes
eine Wirkung des Wiederholungszwanges darstellt oder in der Absicht
angenommen wird, das Erkennen seitens der Lebenden zu erleichtern. j[E. B o z -
zano: Les Ph&iomenes de Hantise. Paris 1920. P. 151 f.)


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