Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0581
552 Zeitschrift für Parapsychologie. 9. Heft. (September 1926.)

näckigen Verfolgung einer bestimmten Person (Verfolgungsspuk *) manifestiert,
ließe sich vielleicht auf analerotische und sadistische2) Regungen zurückführen,
die ja bekanntlich die prägenitale Organisation der Zwangsneurotiker und die
^ postgenitale alternder Menschen, namentlich Frauen, kennzeichnen. Ich getraue
mich jedoch nicht zu entscheiden, ob jene Regression des Sexuallebens mit der
Fähigkeit zu spukhafter Aeußerung nach dem Tode in einem tieferen Zusammenhange
steht; denn über das Wesen dieses „konstitutionellen Momentes4*
wissen wir heute noch so gut wie gar nichts.

Wir glauben, in der Phänomenologie des Spuks die Auswirkung ganz be-
stin.mter, der Psychoanalyse geläufiger, seelischer Mechanismen aufgezeigt zu
haben, und wollen nun zum Abschluß darlegen, was uns zu der Auffassung
berechtigt, daß es sich um psychisch bedingte, reale Vorgänge handelt, die, so
rätselhaft sie auch heute noch erscheinen mögen, eines Tages sicherlich ihren
Platz im Gefüge der Wissenschaft vom Leben finden werden. Daß die Spuk-
phänomene sich so abspielen, als ob ihnen psychische Mechanismen zugrunde
lägen, wäre an sich vom Standpunkte der Psychoanalyse aus natürlich noch kein
Grund, ihnen objektive Realität zuzuerkennen (mit demselben Rechte müßte
i man ja dann Phanlasiegestalten der Dichter für wirklich Lebende halten), man
würde vielmehr zunächst annehmen, daß die Erscheinung durch neurotische
Projektion unbewußter Regungen des Beobachters entstanden ist, also
eine subjektive Halluzination8) darstellt. Diese Deutung empfiehlt sich dort
als die wahrscheinlichere, wo nichts anderes als das Zeugnis einer einzelnen
Person vorliegt. In gewissen, anders beschaffenen Fällen wird man jedoch bei
wirklich unpersönlicher Hingabe an die Tatsachen nicht an der Projektions-
fheorie, ja nicht einmal an der telepathischen Hypothese festhalten können, s.>
wenig vertrauenswürdig auch vom wissenschaftlich-kritischen Standpunkte aus
die meisten Spukberichte sein mögen und so eigentümlich vieldeutig der Charakter
der in Frage stehenden Phänomene sein mag. Die Auffassung des örllich
verankerten Spuks als eines objektiven, vom Beobachter unabhängigen, auch
nicht telepathisch bewirkten Vorganges scheint mir mindestens in jenen Fällen
unabweislich zu sein, in denen Phantome und Phantom Wirkungen von einer
größeren Zahl voneinander unabhängiger Perzipienten*) durch längere Zeiträume
, womöglich auch auf verschiedenen Sinnesgebieten wahrgenommen
wurden.5) Diese spontanen Vorgänge erfahren noch eine Nachprüfung und Be-

*-

*) In dem von Q1 a n v i 1, dem Hofkaplan Karls IL von England, berichteten:
Falle war der Haß eines Lebenden die Ursache der spukhaften Fernwirkungen.
(Das Beispiel bei Rud. Lambert: §puk, Gespenster und Apportphänoniene.
feerlin 1923. S. 86 f.)

8) Ueber den Sadismus als verschobenen Todestrieb, siehe Freud: Jenseits des.
Lustprinzips. S. 227.

*) Ich lasse den Begriff der v e r i d i k e n Halluzination, die entweder von
einem Toten oder Lebenden telepathisch hervorgerufen sein soll, hier unerörtert.
Daß es halluzinatorische (wiewohl häufig auch telepathisch-wahre) Phantome gibt,
möchte ich nicht in Abrede stellen. Die telepathische Halluzination scheint mir
aber bei manchen Forschern (P o d m o r e u. a.) die Rolle des Mädchens für alles,
zu spielen.

*) Unter den Perzipienten kollektiver Fälle finden sich oft auch Tiere. '

5) Mattiesen (Der jenseitige Mensch. Berlin, 1925. S. 335f.) erachtet ate
besonders beweiskräftig für den Anspruch eines Phantoms auf objektive Gegenwart
die Tatbestände der von ihm so genannten sukzessionalen und
stereoskopischen Kollektivität.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0581