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Kl all: Denkübertragting bei Mensch und Tier,
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Dieser Zukunflsbau wird unbeweisbaren Hirngespinsten kein Asyl bieten,
er soll eine wissenschaftliche Pflegestätte werden für experimentelles Studium,
auch der okkulten Phänomene im Menschen- und Tierreich.
Wir werden dereinst, wenn die Zeit gekommen ist, die Schwelle dieses
Hauses nicht mit leeren Händen betreten. Der hingebenden, unendlich mühevollen
Arbeit so vieler Vorkämpfer, dem Fortschritt in den Methoden okkulter
Forschung, haben wir endlich gesicherten Besitz zu verdanken, ein Erbe, von
dem es heißen wird: „Was du ererbt von deinen Yätern hast, erwirb es um es
zu besitzen."
Zu diesem ererbten und erworbenen Besitz zählen wir heute das Gebiet einer
außer sinnlichen Denkübertragung
bei Mensch und Tier.
Bei den neueren Versuchen sind die längst erörterten Fehlerquellen berücksichtigt
, und so läßt sich der Vorgang nicht mehr, wie man früher erhoffte,
durch sinnliche Wahrnehmung erklären. Telepathie heißt: Ausschluß der Sinne.
Wir müssen nunmehr annehmen — und darin liegt das Umstürzler ische
der neueren Erkenntnis —, daß bei Denkübertragung die Natur den gewohnten
Alltags weg über die Sinne verläßt, um einen neuen, unmittelbarem Weg
der Üebermittlung und Verständigung einzuschlagen.
Im Jahre 1901 konnte ich das Phänomen echter Denkübertragung bei
dem Gedankenleser Georges Ninoff erleben und feststellen. Das Ergebnis
meiner späteren tierpsychologischen Forschungen — der Nachweis menschenähnlicher
Denkfähigkeit wie ouch telepathischer Einwirkungsmöglichkeit beim
Tiere — hängen aufs engste mit diesen ersten Versuchen zusammen.
Während wir Denkübertragung zwischen Mensch und Mensch nur
in vereinzelten Fällen als eine besondere, seltene Gabe auftreten sehen, gelingt
sie, wenigstens unter bestimmten Bedingungen, zwischen Mensch und Tier
leichter, wie ich bereits im Jahre 1907 feststellen konnte.
Diese Ergebnisse bei telepathischen Tierversuchen — und das ist wohl
zu beachten! — sind völlig unabhängig von den Erfolgen im Unterricht,
durch den, auch in unwissentlichen Versuchen, ein weitreichendes Denkvermögen
des Tieres nachzuweisen war. Die Annahme eines „Entweder — Oder"
ist unzutreffend, es muß bei diesem komplexen Phänomen heißen: Denken
und Denkübertragung. Wo die Grenze beider Gebiete liegt, — darüber
später.
Pflegen wir doch auch dem Menschen das Denken nicht deshalb abzusprechen
, weil er telepathisch zu beeinflussen ist: warum soll es beim Tiere
anders sein?
„Tiertelepathie" ist ein selbständiges, neues Forschungsgebiet, zwar seit
langem vermutet, auch oft behauptet, sogar falsch begründet (Dr. Harter), aber
niemand hielt es für nötig, den Beweis für seine Behauptungen anzutreten:
alles blieb in der Luft hängen. Die neueren Versuche mit Hunden, die Prof.
Bechterew, Petersburg, im Jahre 1924 unternahm, erwiesen sogar die Durchführung
telepathischer Bewegungs- und Handlungsaufträge bei Tieren. Damit
wurde zum erstenmal meine Entdeckung telepathischer Verständigungsmöglichkeit
mit Tieren aus dem Jahre 1907 grundsätzlich bestätigt.
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