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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0609
580 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1926.)

Berichte aus alter und neuer Zeit, eigene Beobachtungen und Versuche —
die allerdings noch eines weiteren experimentellen Nachweises bedürfen —
scheinen darzutun, daß wir in einer Denkübertragung zwischen Tier und
Tier aller Wahrscheinlichkeit nach die eigentliche „T i e r s p r a c h e" zu
erblicken haben. Unabhängig hiervon gibt es auch im Tierreich eine Laut- und
Gebärdensprache, ob nur eine primitive oder eine Begriffssprache, wird die
Zukunft lehren. Vieles spricht dafür, daß diese Verständigung ins einzelne geht.

Die verschiedenen Arten, wie sich Mensch und Tier, und beide miteinander
verständigen — durch die Sinne wie außersinnlich — bestätigen die
Erfahrung, daß in der Natur auch ganz verschiedene Wege zum gleichen
Ziele führen.

Dies alles ist der experimentellen Nachprüfung zugänglich, und so wird
mit der Zeit — bei neuen Entdeckungen kommt es auf 5o oder ioo Jahre nicht
an — eine wissenschaftliche Anerkennung der vorliegenden Tatsachen nicht ausbleiben
können, sobald der hier vorgezeichnete Weg auch von anderen beschritten
ist.

Die Bestätigung telepathischer Vorgänge bei Mensch und Tier, und die
damit zu erhoffende weitere Aufklärung, wird zwar manches Bollwerk überlieferter
Hypothesen aus dem Bestand der normalen Psychologie stürzen, doch
wird uns durch diese Bresche ein neuer Zugang eröffnet zu einer anderen,
der supernormalen Seite des Seelenkomplexes.

Aus diesem Grunde haben wir die experimentelle Bearbeitung dieses Neulandes
und seine philosophische Durchdringung als eine verheißungsvolle Aufgabe
und dringende Pflicht zukünftiger Forschung zu betrachten, und das um
so mehr, je dürftiger unsere Kenntnisse von den mit Telepathie verknüpften
Erscheinungen zur Zeit noch sind: wir wissen sozusagen nichts über ihre
physikalische oder physiologische Grundlage. Wir wissen nicht einmal, ob wir
bei telepathischen Ueber tragungen irgendwelche Beziehungen zu physikalischen
Energien annehmen, also vielleicht eine Verwandtschaft mit dem Strahlungsgebiet
voraussetzen dürfen, oder ob etwa diese ungewohnten Phänomene für
sich allein stehen, unabhängig von Raum und Zeit, losgelöst von irgendwelchen
physikalischen Schranken. Dann wäre jeder Vergleich mit drahtloser Tele-
graphie oder anderen Aelherschwingungen nichts wie eine äußerliche Analogie,
die das Wesen der Ueber tragung nicht trifft.

Es ist hier nicht der Ort, eine Wesensbestimmung des Okkulten, eine
Theorie der Denkübertragung zu versuchen, — unser Ziel ist ein anderes. Auch
die Voruntersuchtmg — ob Physik oder reine Metaphysik — sei einer späteren
Erörterung vorbehalten; hier entscheidet das Experiment. Ja, freilich — wenn
wir experimentieren könnten! In der mangelnden Gelegenheit hierzu liegt wohl
das Haupthindernis, das jeden Fortschritt hemmt, die Grundursache unserer
Unkenntnis um den telepathischen Hergang selbst —, was ihn fördert, was
ihn hindert, was das eine Mal wirksam ist, das andere Mal nicht. „Gerade
diese Unbeständigkeit," sagt Prof. Sidgwick nach 4o jähriger Erfahrung,
„ist eines der Themen, die studiert werden müssen."

Wie aber sollen wir die Gründe des Versagens studieren, wenn uns das
Instrument und damit auch die Methode fehlt?


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