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Krall: Denkübertragung zwischen Mensch und Mensch

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mit mir eine sittliche Reinigung vor, une purgation morale, ein geistiges Bad,
ein ,Bad von Idees', zu bleiben obeissant, um nicht zu finden des emotions
nerveuses, zu haben da une carte blanche pour recevoir les impressions. Ich
will sein oomme une plaque photographique, auf der wird eingeschrieben und
eingezeichnet von der andere Person. Ein Gelehrter gibt beim Denken mehr
,Phosphor* aus als ein Arbeiter, aber ich mache den ,Phosphor fort, ich eliminiere
ihn, ich vibriere wie ein Piano."

— „Bedarf es zu Ihrer Leistung eines besonderen Trainings? Erzählen
Sie mir davon."

„Ich faste von morgens früh an bis zwei Stunden nach der Vorstellung
abends spät. Ich habe wohl Appetitgefühl hie und da, aber das geht vorbei.
Ich habe meinen Magen so trainiert, 48 Stunden facile zu hungern, facile sans
souffrance, er kuscht; es ist nicht gut, aber ich habe es schon öfter gemacht
als Probe für mich. Nachher esse ich sehr viel, beaueoup Kalbsschnitzel,
Hummermayonaise. Gänsebraten großes Stück, viel viel Brot (bis 10 Stück),
Kartoffeln, keine Sauce, viel Obst, Hors d'oeuvre, Sardinen, rohen Schinken.
Ich kann gut zusehen, wenn andere essen. Auch muß ich öfter in der Nacht
noch etwas zt: mir nehmen: drei, vier Aepfel, Apfelsinen und anderes."

Dabei genoß er etwas italienischen Rotwein stark mit Selters verdünnt.
Er hustete etwas.

„Sehen Sie, ich bin ein Mensch der Nachahmung: wenn ich eine Person
im Nebenzimmer husten höre, huste ich sofort mit; ich muß immer das machen,
was andere tun. Ich trinke nur ganz wenig, keinen Tropfen Alkohol am Tage
des Auftretens. Schon ein kleiner Schluck Kognak genügt, mich für i!\ Stunden
zu jeglicher Ausübung meiner Kunst unfähig zu machen. Tagsüber rauche
ich etwas, vielleicht 2 Zigarren; heute liebe ich zu rauchen, morgen horreur
davor. Ich bin überhaupt in allem sehr launenhaft; heute akzeptiere ich Salat
mit vinaigre, morgen bin ich böse, weil ich dasselbe Quantum vinaigre schon
zu viel finde. Ich habe immer einen schlechten Magen. 'Manchmal muß ich
während der Vorstellung rasch hinter die Bühne eilen und das Wenige von
mir geben, was ich etwa genossen habe."

— „Ist nun die Vorführung vor einem stets wechselnden Publikum nicht
sehr anstrengend für Sie?"

„Freilich! Nach der Vorstellung bin ich völlig erschöpft, ich taumle dann
wie ein Betrunkener, kaum meiner Füße mächtig, nach Hause und lege mich
in völlig ausgegebenem Zustande eine halbe Stunde ins Bett. Erst zwei Stunden
später nehme ich Nahrung zu mir, manchmal gewaltige Mengen, in großen,
fürchterlichen Brocken, comme une bete, ein anderes Mal wieder muß ich
mich widerstrebend zum Essen zwingen, dann widersteht mir alles."

Seine Methode war also eine fakirartige „Kontemplation"; sie bestand in
erster Linie in einer öfteren strengen Diät, einem zeitweiligen Fasten.

— „Erzählen Sie mir etwas Näheres von der Art Ihres Arbeitens. Wie
muß man dabei denken, und was empfinden Sie?"

„Ich fühle die Wlllensimpulse, die innerlichen Befehle der anderen in
meinem Hirn. Ich sehe ein Ding, das man sich vorstellt, ich suche einen
Gegenstand, an den man lebhaft denkt, kurz alles kommt in Betracht/ was
man sich innerlich vorzustellen vermag.


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