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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0628
Krall: Denkubertragung zwischen Mensch und Mensch._509

Ich unterhielt mich mit ihm auch über philosophische Probleme. Er
war Pessimist, ihm fehlte jede Lebensfreude.

„Der Mensch ist ein Tiger! Vor kurzem konnte ich einer armen Familie
mit einigen hundert Frank aushelfen, die man wegen nicht bezahlter Miete
vor die Tür gesetzt hatte.

Ich habe wenig Freude an den Dingen gehabt, ich habe niemals getanzt,
niemals gelacht, und mich immer nur mit meiner Sache beschäftigt.

Im übrigen ist mir alles ein Martyrium; wenn ich arbeiten muß, bin ich
degoute de la vie. Ich möchte so gern was anderes tun. Wenn ich reich wäre,
ja — dann würde ich das für mich, für Sie, für Leute von Interesse machen,
aber so, aus Spekulation, aus Geldrücksichten, nein, da fühl' ich mich sehr
unglücklich. Der Doktor sagte mir heute, ich wäre gesund, ich bin aber nicht
gesund. Ich will in mein Vaterland zurückkehren, weil ich eine schlimme Sache
ahne. Wenn ich gestorben bin, dann werden sie an mich glauben."

Seine Erkrankung machte einen Strich durch alle weiteren Pläne, wir
mußten deshalb notgedrungen die Fortsetzung unserer Versuche auf später ver-
schieben. Ich erklärte ihm zu seiner großen Befriedigung, in einem hierfür
zu errichtenden Laboratorium seine telepathischen Fähigkeiten untersuchen zu
wollen, sobald er nach Elberfeld zurückgekehrt sei.

Er versprach, mir von Zeit zu Zeit Nachricht zu geben und seine Rückkehr
beschleunigen zu wollen, — Ninof f hat nie mehr etwas von sich hören Lassen. —*)
Der Versuchsraum mit all seinen Spezialapparaten, eigens für ihn, den Telepathen
, in jahrelanger Arbeit aufgebaut und eingerichtet, harrt noch immer
seiner! So verstrichen die Jahre und der eigentliche Zweck des Laboratoriums
blieb unerfüllt.

Meine Nachforschungen bei Varieteagenturen, Artistenzeitschriften und
ähnlichen Unternehmungen führten«eu keinem Ergebnis. Er war und blieb für
mich verschollen. Am 18. Dezember 1907, also ein Jahr vor Beginn meiner
Unterrichtsversuche mit Pferden, bemühte ich mich durch das Kaiserl. Generalkonsulat
in Bio de Janeiro, durch Anfragen in verschiedenen Zeitungen Ninoffs
Aufenthalt zu erfahren. Vergeblich!

Unter dem 22. Febr. 1908 erhielt ich von dem Deutschen Generalkonsulat
das nachstehende Schreiben:

„Der Gedankenleser Georges Ninoff ist hier nicht bekannt und nicht
zu ermitteln gewesen, noch ein früherer Zollbeamter dieses Namens. Eine
Annonce, in welcher um Angabe der Adresse des ersteren ersucht wurde,
ist in drei verschiedenen hiesigen Zeitungen erlassen, aber ohne Erfolg.
Der Name Ninoff ist nicht brasilianischer Herkunft, und er kommt in
dem Adreßbuch für Rio de Janeiro überhaupt nicht vor."

Mag der Widerspruch zwischen diesen und seinen Angaben auf
der Länge der inzwischen verflossenen Zeit, auf unzureichender Durchführung
der Ermittlung oder welchen Ursachen sonst beruhen: in allen Fällen, wo ich

Sollte ein Leser dieser Zeilen über Ninoffs spätere Schicksale (nach 1901)
Mitteilung machen können, so würde er den Verf. zu großem Dank verpflichten.


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