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Kindborg: Zur Frage des Spukhauses im Eulengebirge.
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Spur von solchen Gästen entdecken können. Möglich, daß sich im Herbste
Feldmäuse hineinziehen. Darin kann aber, wie gesagt, die Erklärung nicht
liegen. Außerdem halte ich es für unmöglich, daß jemand etwa Musik, die
aus anderen Dorfhäusern herüberklingt, für eine solche im Hause hallen könne.
Im Dorfe wird fast jeden Abend Musik gemacht, das kann man aber ganz
genau unterscheiden. Auch pflegt solche Musik, außer an Sonn- und Feiertagen
, zeitig aufzuhören. Nicht minder weiß ein Mensch mit gesunden Sinnen
— und das sind doch alle Bewohner des Häuschens gewesen — zu unterscheiden
, ob an einem stürmischen Tage der Wind im Kamin heult oder ob ein
ihm nicht erklärliches Geräusch im Hause seine Aufmerksamkeit erregt. Im
übrigen liegt das Häuschen am Bergabhang ziemlich geschützt, so daß ich mich
gewundert habe, wie wenig sich an stürmischen Tagen — und es hat an solchen
in diesem Frühjahr ja nicht gefehlt — der Wind im Kamine bemerkbar machte,
wenngleich dies natürlich bei anderer Windrichtung, zumal im Herbst oder
Winter, auch anders sein mag. Selbstredend denkt man bei Klopf tönen in
einem alten Hause zunächst auch an Holzwürmer. Und in der Tat hat auch
der Ehegatte der Besitzerin, wie er mir sagte, zunächst alle solche Geräusche,
an denen es im Hause nicht gefehlt hat, für die Lebensäußerungen von irgendwelchem
„Gewürm" gehalten. Immerhin ist auffallend, daß er infolge der
geradezu störenden Stärke der Geräusche sich genötigt gesehen hat, das nach
der Rückseite gehende Fenster des Schlafzimmers zumauern zu lassen. Das
Zimmer hat jetzt nur noch Fenster nach vorn und nach der Seite. Im Interesse
der Beobachtung ist es natürlich bedauerlich, daß ein Hauptsitz merkwürdiger
Geräusche beseitigt worden ist. Was mich betrifft, so schicke ich gleich voraus,
daß ich alle unklaren und nicht sehr lauten Geräusche, wie sie möglicherweise
von Würmern herrühren konnten, grundsätzlich überhaupt nicht beachtet habe.
Diesen Erwägungen nach der negativen Seite stehen einige, wenn auch nicht
sehr bedeutende Beobachtungen gegenüber, die ich während eines dreiwöchigen
Aufenthaltes zusammen mit meiner Frau machen konnte. Da ein Teil dieser
Beobachtungen nur auf dem Zeugnis 'meiner Frau beruht, muß ich hinzufügen,
daß diese als Aerztin naturwissenschaftlich gebildet, seit Jahren auf allen
Gebieten meine Mitarbeiterin ist und über eine ungewöhnlich gute Beobachtungsgabe
verfügt. Was den vierbeinigen Hausgenossen betrifft, der auch
eine Rolle spielt, so war er ein junger deutscher Schäferhund, ein weibliche^
Tier, ohne besondere Ausbildung, das aber gut meldete.
Zur Wahrnehmung gelangle folgendes: An einem der ersten Abende hörte
meine Frau, als ich nicht im Hause war, ein mehrere Minuten anhaltendes,
dumpf metallisches Klopfen, das sich bis zu einer unheimlichen Stärke steigerte
. Es schien aus der Ecke am Fenster, nahe dem Hausflur zu kommen
und soll etwa mit den Laufen tung — tung — tung tung — tung tung — lung
lung, wiederzugeben sein. Der Hund war dabei ruhig geblieben, möglicherweise
weil er uns und der Umgebung noch zu fremd war (obwohl er uns, besonder»
mich, von früher her kannte). Meine Frau dachte zunächst an ein Tier, das
dieses Geräusch hervorbringen könnte. Indessen mußten wir uns doch wieder
sagen, daß das Geräusch für ein Tier viel zu laut war und daß kaum ein Tier
einen ausgesprochenen Jambusrhythmus hören läßt. Ein anderes Mal, als ich
wiederum nicht dabei war, fühlte meine Frau, als sie an einem hölzernen Tische
mit Kochgeschirr hantierte, ein wie sie sagt geradezu unangenehmes „Knistern*
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