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Driesch: Psychische Forschung und akademische Wissensehaft

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Sie mögen aus diesen Worten erkennen, wie hoch ich die Ehre einschätze,
welche mir durch die Wahl zu Ihrem Präsidenten zuteil geworden ist. Diese
Wahl hat mich wahrhaft erfreut, und nur eines hätte mich veranlassen können,
sie nicht anzunehmen: die Frage, ob ich dieses Amtes würdig sei.

Denn um es gleich im Beginne zu sagen: ich habe niemals selbst ein erfolgreiches
parapsychologisches Experiment gemacht. Ich habe einige Phänomene
gesehen, aber nur als Zuschauer. So ist denn das einzige, was ich zur Aufhellung
unseres großen Problems getan habe, dieses gewiesen, daß ich seiner
Lösung in gewisser Hinsicht den Weg bereitete. Denn mein eigenes biologisches
und psychologisches Denken und Arbeiten hat mich allerdings zu Theorien geführt
, auf deren Boden die sogenannten parapsychischen Phänomene nicht als
etwas absolut Isoliertes, beinahe Paradoxes erscheinen. Die Ergebnisse der
modernen Biologie und Psychologie weisen in der Tat in eine Richtung öder,
besser gesagt, enthüllen uns bereits eine gewisse Seite der Wirklichkeit,
deren Kenntnis uns einiges Parapsychologische wenigstens einigermaßen verständlich
macht. Auf der Grundlage der modernen Biologie und Psychologie
hören die neu entdeckten Phänomene auf etwas zu sein, was sich unserer ganzen
Auffassung der Wirklichkeit völlig entgegenstellt.

So wollen wir denn also von den parapsychischen Phänomenen sprechen,
insofern sie gleichsam die Forlsetzung gewisser biologischer und psychologischer
Tatsachen bedeuten, welche wohl begründet und wohl bekannt sind.

Ich beginne mit der physischen oder besser psychophysischen Seite der
Parapsychologie, worunter ich Telekiness, Levitation und Materialisation, sofern
sie in Kontinuität mit dem Leibe einer lebenden Person auftritt, verstehe
um zunächst Materialisationen ohne solche Kontinuität, sogenannten Spuk,
Apporte und Aehnliches auszuschließen.

Manche von Ihnen wissen wahrscheinlich, daß ich das Leben vitalistisch
auffasse. In der Tat glaube ich bewiesen zu haben, durch Ausschluß des
Gegenteils, daß die mechanistische, d. h. die summenhafte' Auffassung des
Lebens die Tatsachen der Embryologie, der Vererbung und der organischen
Bewegung nicht erklären kann. Das alles ist in meiner „Philosophie des
Organischen" eingehend auseinandergesetzt.

Der Organismus ist sicherlich ein mate rielles System, d. h. ein
System, welches aus dem besteht, was wir Materie nennen und was soündso vielö
Kilogramm wiegt. Aber ein materielles System ist nicht ohne weiteres
ein mechanisches, das heißt: alles, was an einem materiellen System geschieht
, braucht nicht notwendigerweise in die Begriffe der Physik oder
Chemie, oder, kurz gesagt, der Mechanik einzugehen und ist in der Tat nicht
durch diese Begriffe erfaßbar, sobald das in Rede stehende materielle System
von der organischen Art ist. Eben das zeigen meine Vitalis tischen „Beweise*.

Gewiß betätigen sich die Kräfte der Materie im Lebendigen. Aber etwas
anderes kommt dazu und „leitet", um es in Kürze so auszudrücken, die materiellen
Kräfte, ohne den Betrag an Energie im System zu verändern. Diesem
ganzmachenden, nichlmateriellen, seelenartigen Etwas habe ich den aristotelischen
Namen Entelechie gegeben, mir wohl bewußt, daß ich mit diesem
Worte nicht ganz dasselbe meine wie der große griechische Denker.

Wir können sagen, daß Entelechie die Bewegung der Materie k o n t r o 1 -
liert. Und es ist nun sehr wichtig, für das folgende wohl zu beachten, daß
die entelechiale Kontrolle der unbelebten Materie stets ihren Anfang und

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