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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0643
614 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1926.)

nannten psychomechanischen Parallelismus, der in einer vergangenen Periode
der Psychologie eine so große Bolle gespielt hat. Baerwald, welcher kürzlich
seine sehr skeptische Haltung den parapsychischen Tatsachen gegenüber aufgegeben
hat und neuerdings Telepathie und Gedankenlesen — mehr freilich
nicht — anerkennt, hat die Strahlungstheorie bis zum äußersten getrieben.

Ich selbst glaube den psychomechanischen Parallelismus als eine Unmöglichkeit
nachgewiesen zu haben. Aber das kommt hier nicht in Frage, und ich
werde daher nur zu zeigen versuchen, daß selbst, wenn der Parallelismus zu
recht bestünde, Telepathie und Gedankenlesen keineswegs auf seiner Grundlage
durch die Annahme von Strahlungen erklärt werden könnten. Da Tischner
den Sachverhalt schon sehr gut analysiert hat, so greife ich nur einen besondern
Punkt heraus; dieser freilich ist nach meiner Meinung entscheidend:

Auf dem Boden des Parallelismus» würde im Hirn des Senders ein spezifischer
materieller Zustand bestehen, welcher seinem bewußten Erleben in
einem gegebenen Momente entspricht; Strahlungen würden von diesem Hirn
zustande ausgehen und würden den entsprechenden materiellen Zustand im
Hirn des Empfängers, nach Art aufeinander abgestimmter Stimmgabeln, er
zeugen. Der Empfänger sollte daher dasselbe Erlebnis haben wie der Geber
— aber gerade das hat er sicherlich nicht. Und eben deshalb bricht die
Strahlungstheorie zusammen. Erörtern wir ein Beispiel: Ein Mann, der sich
in großer Gefahr befindet, denkt an seine Frau, und die Frau „sieht" nun, so
wollen wir annehmen, die Erscheinung ihres Gatten. Aber weder denkt die
Frau hier an sich selbst, noch sieht der in Gefahr befindliche Gatte seine eigene
Erscheinung! Das aber „sollte" geschehen auf dem Boden der parallelistischen
Theorie.

Es ist nun freilich leichter zu kritisieren als selbst eine Erklärung zu finden.
Was denn können wir selbst nun an Positivem zur Erklärung der psychischen
parapsychologischen Phänomene darbieten? Wie können wir diese Phänomene
wohlb4annten wissenschaftlichen Tatsachen angliedern, was zu tun uns auf dem
Felde der Parapsychophysik gelang? Können wir auch jetzt vielleicht eine „Brücke"
errichten, welche uns in das neue Land der Parapsychologie hinüberführt?

Mir scheint nun, daß die eigentlichen Gmnosieine einer solchen Brücke
bereits durch den Zusammenbruch der Assoziationspsychologie gegeben sind.
Die moderne Normalpsychologie bereits, welche mit dem Begriffe der „Gestalt"
und mit richtenden psychischen Kräften arbeitet, tritt hier auf den Plan, und
erst recht die moderne Lehre von den Komplexen, von Unter- und Nebenbewußtsein
. Das bloß Summenhafte, alle Analogie zur Mechanik ist hier ebenso
aufgegeben wie die Mechanik im Rahmen der Biologie aufgegeben ist.

Aber zu einer Erklärung braueben wir freilich noch mehr.

Da will ich nun an erster Stelle sagen, daß ich zugebe, es bestehe eine gewisse
Verwandtschaft zwischen Telepathie und Gedankenlesen, und daß mir
auch eine gewisse Verwandtschaft zwischen dem Hellsehen in die Vergangenheit,
die Gegenwart, die Zukunft und in mikroskopische Verhältnisse obzuwalten
scheint. Aber die zweite Gruppe von Tatsachen ist meiner Meinung nicht auf die
erste zurückführbar, also Hellsehen in seinen verschiedenen Formen nicht auf
Telepathie und Gedankenlesen. Wir brauchen daher zwei verschiedene Erklärungsarten
, je eine für jede der großen Gruppen. So liegen jedenfalls heute die
Dinge, womit wir freilich nicht a priori leugnen wollen, daß in einer Zukunft,


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