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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0647
618 Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1926.)

daß die Persönlichkeit eines Verstorbenen unter den Bedingungen des mediumi-
stischen Experiments lediglich hervortauche aus einer Ueberperson, in welche
hinein sie aufgenommen war, und daß nach Beendigung des Experimentes
der Verstorbene als Person wieder verschwinden möchte. Dann würde es
freilich Unsterblichkeit überhaupt geben, welche im allgemeinsten Sinne
des Wortes ja nicht bezweifelt werden kann. Aber es gäbe keine persönliche
Unsterblichkeit im strengen Sinne, und sogar die persönliche Erscheinung
eines ^Verstorbenen während eines Experimentes würde -diese nicht beweisen
.

Der italienische Parapsychologe Mackenzie hat andererseits auf die Möglichkeit
hingewiesen, daß die sogenannten Geister, welche mit Hilfe des Mediums
sprechen oder schreiben, zwar „Personen" sein möchten, aber Personen
von einem ganz künstlichen und vorübergehenden Wesen, entstanden lediglich
unter den Bedingungen des Experimentes für kurze Zeit und den verschiedenen
Ichen bei der bekannten Bewußtseinspaltung vergleichbar. Der „Geist" würde
in diesem Falle mit einem Verstorbenen nicht eigentlich identisch sein, obwohl
er ihm ähnlich sein möchte. Wir werden hier an die buddhistische Lehre vom
Ich erinnert.

Was sollen wir denn nun über die spiritistische Hypothese in strengem
Sinne, welche die persönliche Unsterblichkeit einschließt, sagen. Die einzig
mögliche Antwort scheint mir diese zu sein: Wir wissen heute nichts
Sicheres, wir werden vielleicht einmal in Zukunft etwas Bestimmtes
in wissenschaftlicher Form wissen; das aber ist sicher, daß jeder von uns
persönlich einmal ein Wissen über diesen Gegenstand in der Zukunft erlangen
wird — wenn es dann noch überhaupt etwas zu „wissen" gibt. —

Fassen wir zusammen: Wir haben versucht zu zeigen, daß es gleichsam
Brücken gibt, welche die Welt der groben Materie mit der Parapsychologie
verknüpfen, und wir konnten einige solcher Brücken genauer bestimmen. Die
vitalistische Biologie war uns die eine Brücke, sie führte uns zu dan physischen
parapsychologischen Phänomenen, soweit sie in Kontinuität mit dem Leibe
einer lebenden Person auftreten. Die moderne Psychologie, die Metaphysik
des Einen und des Vielen und die Metaphysik des Wissens machten uns Telepathie
, Hellsehen und Gedankenlesen wenigstens bis zu einem gewissen Grade
verständlich. Unerklärt blieben uns alle diskontinuierlichen Phänomene, Pro-
phetie und die meisten Fälle der Psychometrie — um Apporte und Demateriali-
^ sationen beiseite zu lassen.

Hier müssen neue TS n t i a, wie es scheint, eingeführt werden, und unter
ihnen vielleicht Geister im Sinne des Spiritismus.

So war denn also das, was wir zu bieten vermochten, in keiner Weise
etwas Endgültiges. Die Parapsychologie befindet sich noch im Zustand eines
Kindes, freilich eines Rindes, welches gesund ist und sich gut entwickelt. Hoffen
wir, daß sie bald ein kräftiger Mann wird. Dann wird die Parapsychologie das
eigentliche Zentrum aller Wissenschaft und Philosophie sein, die wahre Grundlage
dessen, was wir im Deutschen Weltanschauung nennen.

Gegenwärtig besteht unsere Hauptaufgabe darin, die parapsychischen Phänomene
unter strenge experimentelle Kontrolle zu bekommen. Wir sind gleichsam
in der Galvani-Periode der Forschung, wir wünschen in die Faraday-
Periode einzutreten. Ich bin überzeugt, daß wir bald in sie eintreten werden.


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