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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0661
Zeitschrift für Parapsychologie. 10. Heft. (Oktober 1926.)

überräumlich die letzteren, da sie das sukzessive Verhalten bestimmen. Dieser
Sachverhalt ist wohl zu beachten I Alle Objekte, die ein Instinkttier wahrnimmt,
können nur räumlicher Natur sein, denn an den Empfindungselementen, die ich
eben aufzählte, sind andere als räumliche Formen gar nicht möglich. Darum
erlebt das Instinkttier die motorischen Formen, die seinen Bewegungen zugrunde
liegen, gar nicht oder doch nur in Gegenwart sausschnitten, die einen momentanen
Bewegungszustand wiedergeben, nicht aber erlebt es die ganze Bewegungsgestalt
. Dem Instinkttier bleibt, das kann mit aller Bestimmtheit
gesagt werden, die Art seines Verhaltens bewußtheitlich fremd.
Das folgt aus dem Maschinenmäßigen seines Tuns, aus der Starre,
die jeden Instinkt charakterisiert. Sind auch viele Instinkte durch Gewöhnung
modifizierbar, so ist doch die Grundlage immer ein starres Formgerippe, ein
Mechanismus der Tat, der uns beweist, daß der Plan der Handlung nicht im
Bewußtsein des Tieres auftritt. Instinkt ist zweckvolles, doch
zweckunbewußtes Tun: diese uralte Definition besteht auch heute noch
zu Recht.

Ich' sage also — und diese Aussage halte ich für unerschütterbar —: den Instinkt
dirigiert wohl eine überräumliche (überzeitliche) motorische Handlungsform
, aber sie fällt nicht in ihrer Ganzheit ins Bewußtsein des Tieres, wird vielmehr
nur sukzessiv erlebt, entsprechend der Empfindungsgrundlage des sinnlichen
Erlebens, die überhaupt nur momentane, rein räumliche Wahrnehmungen
gestattet. Aber es ist damit doch ganz und gar nicht behauptet, daß die Handlungsgestalt
nur in dieser Art erlebt werden kann! Daß nicht ein Bewußtsein

^möglich sei, in dem die formale Direktive des Strebens, die gestaltliche Einkleidung
des Handlungstriebes, in ihrer Totalität aufzutreten vermag! Damit
würde nichts anderes erlebt, als die im Verhalten sich manifestierende Zweck-
haftigkeit. Erlebt würde die teleologische Zusammengehörigkeit
aller Momentzustände der Handlung als überräum lieber
Ganzheitsbezug. Dies Erlebnis ist aber nichts anderes als das Ahaerlebnis
der Affen. Man beachte wohl, was hier das wesentliche Moment ist. Nicht auf
das Räumliche einer gegebenen Situation kommt es dabei an, sondern auf die
Auflösung der Situation in zweckhafte Glieder eines Ganzheitsbezugs, der, weil
im Bewußtsein gegenwärtig, das Gegebene beliebig zusammenzuschweißen vermag
mit anderszeitlichen Handlungsgliedern. Den Schimpansen interessiert
nicht ein einzelner Moment, der für das Instinkttier immer ein und alles bedeutet
, sondern die teleologische Zuordnung der eigenen Bewegungen zu den

TTrüchten und umherliegenden Kisten, was alles in der Handlung selbst nur
sukzessive aneinander anschließt. So greift der Affe bewußtheitlich
der Reaktion voraus, sie wird ihm zum Bild, zur Vorstellung, und nun
vermag er sie beliebig durchzuführen. Da ist das Maschinenhafte plötzlich
durchbrochen, ein ganz anderes Erlebnis tut sich auf: die Synthese eines äußerlich
gegebenen Chaos, die Lösung einer innerlich erlebten Spannung, die zweckhafte
Gestaltung an sich zweckfreien Materials. Im Bewußtsein vollzieht sich
dieser entscheidende Aufbau und nun hinkt als Selbstverständlichkeit die Handlung
nach. Der Instinkt ist überwunden. (Schluß folgt).


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