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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0676
Krall: Eigene Versuche mit Ninoff.

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heifer, denn selbst wenn wir annehmen wollen (was ich für ausgeschlossen
halte), er hätte einen solchen unter den Versuchspersonen gehabt, so traf das
eben bei mir und später auch bei anderen mir bekannten Herren nicht zu.
Der Telepath' ging von einem zum anderen, ließ sich geistig „beeindrucken'*,
und jeder Versuch gelang nach wenigen Sekunden.

]\unmehr kam die Reihe an mich. Ninoff trat auf mich zu mit den
Worten: „Denken Sie scharf an einer Sache." Ich gab mir also Mühe, mich
auf das von mir Gewählte, von dem außer mir kein Mensch wußte, innerlich
zu kenzentrieren und mir das Bild geistig vorzustellen. Ninoff fing an zu
„suchen". Ich konnte mich damals, wie ich bemerken muß, nur schwer von
meiner zahlreichen Korrespondenz und mancherlei Schriftstücken trennen, so
daß ich immer viele Briefe, Notizbücher und Zettel in meinen Taschen mit mir
herumtrug. Einen Schrilt vor mir stehend, griff Ninoff zunächst in die rechte
Brusttasche und holte den ganzen Pack der darin befindlichen Skripturen, etwa
3o verschiedene Schriftstücke, hervor. Dann fuhr er in die Westentasche, in
der sich ebenfalls eine Anzahl von Zetteln befand. Der Vorgang wiederholte sich
mit der linken Brusltasche, aus der er alle möglichen Schriften und Wische ans
Licht der Rampe brachte, mit dem komischen Stoßseufzer: „Der Herr hat ja
ein ganzes Kontor bei sich!" eine Bemerkung, die im Publikum um so lebhaftere
Heiterkeit hervorrief, als bei dem schnellen Herausholen des „Kontors"
die Hälfte der Korrespondenz auf der Bühne umherflatterte. Das Intermezzo
war ganz nach' dem Geschmack des Publikums.

Ninoff hatte ohne jedes Zögern mit großer Schnelligkeit die Schriftstücke
gewissem.-aßen beiseite geschoben und dabei mehr für sich als für das Publikum
zuweilen ein: „Non, non, ca n'est pas ca" ausgestoßen. Mit der Erledigung
dieser Taschen mochten etwa 25 bis 3o Sekunden hingegangen sein, als er endlich
auch zu meiner rückwärts befindlichen rechten Hosentasche kam, aus der er
mein Geldtäschchen hervorholte. Aus seinen Bewegungen und dem Aufatmen
der Erleichterung konnte ich deutlich entnehmen, daß er nunmehr „sich des
rechten Weges wohl bewußt" war.« Schnell riß er das Geldtäschchen auf, das
außer verschiedenen Geldstücken noch etwa 10 bis 12 Eintrittskarten verschiedenster
Größe und Art enthielt. Ohne sich um das Geld zu kümmern, ließ
er die einzelnen Karten wie ein Kartenspiel schnell durch die Finger gleiten.

Im selben Augenblick, da er die von mir gedachte Karte berührte, rief er:
„Voilä! Denken Sie an etwas auf der Karte." Da ich schon vorher Größe,
Farbe und Nummer meinem Gedächtnis eingeprägt hatte, so war das nicht
weiter schwierig. Sofort kam die Antwort: „G'est une carte rouge, numero
deux cent vingt-trois."

Während ich ihm und dem Publikum die richtige Lösung bestätigte,
wandte sich der Gedankenleser zu meinem Nebenmann, um seine Vorführung
fortzusetzen. Ich achtete nicht weiter darauf, da ich mit meinem Nachbarn,
bei dem ebenfalls der Versuch gelungen war, meine Vermutungen austauschte.
Die Promptheit der fehlerlosen Antwort hatte mich höchlichst überrascht.

Wie meine späteren Erfahrungen mich lehrten, war die Verzögerung des
Erfolges meine eigene Schuld; anstatt ihm telepathisch den Weg anzugeben:
„Hosentesche rechts, hinten, Geldtäschchen Hervorziehen, usw.", hatte ich mich
von Anfang an nur auf das Bild der Karte konzentriert, was ihm das Auffinden
erschwerte. So erhielt er keine „Direktive" und mußte sich den umständlichen


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