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Tillyard: Wissenschaft und Psychische Forschung. 675

welche sich einzelne wahrscheinlich mehr interessieren, als sie zugeben wollen.
Spiritismus ist ein Kult, ein Glaube oder vielleicht eine Religion, deren
Hauptlehre von Sir Arthur in folgenden Worten festgelegt wird:

„Ein Glaube an die Existenz und das Leben des Geltes, unabhängig von
dem m&teriellen Organismus und an die Wichtigkeit und den Wert eines intelligenten
Verkehrs zwischen im Körper befindlichen und desinkarnierten
Geistern.*'

Spiritismus als Religion gehört nicht zu den Themata, welche eine wissen- *
schaftliche Zeitschrift wie „Nature" geeignet besprechen mag. Aber gerade
durch das Buch Sir Arthurs zieht sich wie ein roter Faden, wenn auch nicht
sorgfältig und sicher sehr unwissenschaftlich behandelt, psychische Forschung,
welche da3 wissenschaftliche Studium der supranormal genannten
Phänomene ist oder wenigstens meint, es zu sein.

Diese Phänomene sind zweierlei Art: a) physikalisch, wie Telekinese
oder Bewegung fester Gegenslande ohne Berührung; unabhängige Stimme oder
die Erzeugung von Tönen, welche als menschliche Stimme erkennbar und
durch ein Diktaphon objektiv festgelegt werden können; Bildung der als
Ektoplasma oder Teleplasma bekannten Substanz; psychische Lichter und
kalter Luftzug; Bildung von Strukturen, welche nur mittels ultra-vioietten
Strahlen sichtbar werden, usw.; b) mental, wie Hellsehen, Hellhören, automatische
Schrift, Telepathie und andere ähnliche Phänomene, welche den
Gebrauch materieller Gegenstände nicht bedingen.

Als vor vielen Jahren die Frage der psychischen Forschung Huxley vorgelegt
wurde, antwortete er: „Diese Phänomene, auch ihre Echtheit angenommen
, interessieren mich nicht." Wir bedauern, die so unwissenschaftliche
Bemerkung eines so großen Mannes anführen zu müssen, und noch mehr, zugeben
zu müssen, daß Huxleys Haltung heute noch jene der großen Majorität
der Biologen ist. Die Meinung eines wenn auch berühmten Mannes, oder einer
wenn auch einflußreichen Gesellschaft von Männern über eine Sache, welche
zu erforschen, sie überlegt ablehnen, entweder weil sie dieselbe nicht interessiert
, oder weil das Vorurteil sie als Betrug betrachtet, ist in Wirklichkeit
nicht *iel werl.

Es ist ein trauriger Kommentar zur menschlichen Natur, daß selbst in
unseren Tagen, da die Wirklichkeit wenigstens einiger jener Phänomene \on
Männern wie Lodge und Riebet über jeden Schatten eines Zweifels festgestellt
ist, doch kein wissenschaftlicher Mann das Studium der psychischen Forschung
aufnehmen kann ohne Ehrverlust und ohne eine geheime oder mehr oder
weniger offene Verfolgung durch seine Genossen. Wahrhaftig, wir sind nicht
weit vom Mittelalter entfernt und es besteht wirklich die Gefahr, daß die
organisierte Wissenschaft im 20. Jahrhundert ihren Sitz in dem nämlichen
Stuhl einnimmt, von dem sie einst die mittelalterliche Kirche vertrieben hat.
,,E pur si muove" gilt ebenso für die Bewegung der Erde um die Sonne, wie
für die Bewegung eines levitierten Tisches gegen die Schwerkraft und ohne
sichtbare Stütze. Die erstgenannte war nicht unbegreiflicher und nicht weniger
ein Anathema für die mittelalterliche Kirche, als die andere heute für die
organisierte Wissenschaft. Aber der Geist von heute ist verschieden von jenem
der Vergangenheit und Märlyrertum macht nicht mehr viel Bekehrte. Moderne
Galilei mögen Verfolgung erdulden für das, was sie für wahr halten,

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