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Gruber: Rudi Schneider u. Frau Silbert i. d. Lebenserinn. Wüh. Kienzls. 679

maligen gewissenhaften Tagebuchaufzeichnungen allerlei Beachtenswertes. Viele
unserer auf Vergangenes und Zukünftiges gerichtete Fragen beantwortete damals
das dreibeinige Tischchen mittels Hebens und Sinkenlassens eines Beines
zutreffend, manche, besonders solche, die die Zukunft betrafen — wie ich es
in späterer Zeit nachprüfen konnte — falsch. Aus allem damals Beobachteten,
wozu auch das Sichfortbewegen, Sichniederlegen und Tanzen des Tischchens
gehört, ziehe ich heute die Schlußfolgerung, daß es sich hier nicht um ,Aus-
Wirkungen eines den Experimentierenden und dem anorganischen Tischchen ge-
meinsamen Gesamt-Weltwillens* (wie ich mich damals ausdrückte), sondern
um unkontrollierbare, von allerlei unbewußten Willens- und Gedächtnisaktionen
beeinflußte physiologische Erscheinungen handeln kann. Jahrzehntelang beschäftigte
ich mich nicht mehr mit okkultistischen Dingen, wenn ich von der
Lektüre von Zöllners Wissenschaftlichen Abhandlungen* über die vierte
Dimension, von Du Preis Schriften und Schopenhauers einschlägigen Bemerkungen
absehe, bis erst in jüngster Zeit in Wien eine förmliche ,metapsycho-
logische* Epidemie ausbrach, die sich hauptsächlich in Ekstasen über die Freischwebephänomene
der Brüder Willy und Rudi Schneider kundgab. Und so
folgte denn auch ich der Lockung einer Einladung zu einer okkultistischen
Seance in ein Privathaus, bei welcher ich — ich muß es gestehen — staunend
die schier unbegreiflichen Experimente des fünfzehnjährigen Rudi Schneider
zu beobachten Gelegenheit hatte. Der Zufall wollte es, daß das Medium im
Trancezustande mich als Kontrollperson wählte, so daß ich, nach der vor und
während des Experiments mit peinlichster Skepsis vorgenommenen Prüfung,
in unmittelbarer Nachbarschaft des Mediums, seine linke Hand fest in meiner
rechten haltend, das nach vorhergegangenem furchtbaren Keuchen erfolgende
Aufwärtsschweben und minutenlange Sich-Jn-Schwebe-Erhalten des scheinbar
seiner Schwerkraft verlustig gegangenen Körpers wahrnehmen konnte. Wie
immer diese unbegreifliche Erscheinung auch erklärt werden mag, für mich
bedeutet das mit wachen, nüchternen Sinnen Wahrgenommene einen bleibenden
Eindruck, wenn mich mein Intellekt auch tausendmal den überzeugenden antispiritistischen
Ausführungen Ernst Äfachs über den ,Sinn für das Wunderbare*
und über die ,Probleme des Mediumismus* (in seiner , Wärmelehre*) zuzustimmen
veranlaßt.

Wie immer es auch sei, und wenn es auch ,mehr Ding* im Himmel und
auf Erden gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt, dem Spiritismus
werde ich niemals zum Opfer, fallen. Ich gedenke mich vielmehr mit dem
,Jenseits* zu begnügen, das mir die Kunst gewährt, die meinen metaphysischen
Bedürfnissen durchaus Genüge tut, und verzichte gern auf mediumistische
Zaubereien und auf die albernen Worte, in denen sich meist die in spiritistischen
Sitzungen ,zitierten* Geister'großer Denker und Dichter zu äußern belieben.
Hingegen leugne ich keineswegs das Vorhandensein bisher unerklärter, von uns
als übernatürlich empfundener Kräfte, wie sie beispielweise der in hohem Grade
medial veranlagten, in okkultistischen Kreisen vielgenannten Frau Silbert
in Graz zu eigen sind, bei der ich unbestreitbare Klopf- und Berührungserscheinungen
an hellichtem Tage zu beobachten und am eigenen Leib zu empfinden
Gelegenheit hatte, die einen nur darum wie Wunder anmuten, weil sie
lediglich an einer kleinen Minderheit von Personen sich ereignen, während die
Natur an Wundern überreich ist, die uns nur deshalb nicht als solche erscheinen,
weil sie sich allüberall täglich und stündlich offenbaren.**


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