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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0715
686 "Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1926.)

Hellsehen sollte uns das längst gelehrt haben. Mit dem Auge berühre ich den
geschauten Gegenstand mittelbar. Auf der Innenseite, im Tiefenbewußtsein meiner
seelischen Persönlichkeift aber ist unmittelbare Berührung in einem Sinne
gegeben, der schon Berührung allein zu einem falschen Ausdruck werden läßt, denn
was wir so nennen, ist ein Verschmolzensein, ist das Wegfallen der Grenzen zwischen
Ich und Umwelt, ist ein unmittelbares Eingetauchtsein in diese Umwelt und
darum ein unmittelbares Wissen um sie.

Wie es nun ein solches Wissen, empfangend, gibt, vorausgesetzt, daß
map offen ist für solche „Einflüsse", so gibt es auch eine A k t i v i t ä t, ein Senden,
das solches Wissen im andern auslöst Setzen Sie jetzt statt Wissen: Zustände,
und schalten Sie bewußtes Hirnwissen eventuell sogar auf beiden Seiten, zum
mindesten bei dem Empfänger unmittelbarer Wesensüoertragung aus, so ist meine
Frage beantwortet. Bestenfalls ist der Empfänger ein halbbewußter Zuschauer von
unheimlichen, ahnend erfaßten Vorgängen, in die er vom Hirnwollen her nicht eingreifen
kann. Suggestion ist demnach eine unmittelbare Beeinflussung unter
Umgehung aller Sinnesfunktionen, aller mittelbaren Berührung, ja meist auch aller
bewußten Beziehungen, die sich nur auf die Tatsache Suggestion selbst beziehen
können. Die Beziehung zu den sinnlich, also mittelbar gegebenen vermeintlichen
Trägern der Suggestion, wie Wort und Blick und begleitende Mätzchen, sind
irrtümlich als wirkende Faktoren angesehen worden. Suggestion vollzieht sich
auf einer Ebene, wo das Ich und das Du aufgehört haben, Ich and Du zu sein, und
auf der sie eingetaucht sind in ein gemeinsames Medium überpersönlicher, geistiger
Funktionen.

So wie die Einbildekraft in mir selbst-schöpferisch Zustände schafft und gebiert,
so kann ich auch einem anderen Zustände 'ein-bilden". Suggestion würde sich also
in gewissem Sinne mit dem decken, was wir mit dem schlechten Namen Telepathie
bezeichnen, denn das Unmittelbare liegt selbstverständlich nie in der Ferne.
Das, was ich innerlich b i n, das teilt sich natürlich auch durch meine Geste, durch
mein Wort und schwingt auch in irgendeiner Umweltsgegebenheit mit, aber darauf
beruht die suggestive Wirkung nicht. Aber was ich bin und innerlich will,
ist wesentliches Sein, und das schwingt; und das ist nicht nur ein Bild, sondern ist
eine lebendige Form von etwas Realem, aber darum dem Materialismus nicht zu
begreifen, denn für ihn ist dieses Wesen aller geistigen Vorgänge, alles geistigen
Geschehens, nichts Reales, sondern nur etwas Gedachtes. Wem aber Geistsein
Seinswirklichkeit ist, und wem das Wesen des Daseienden einen realen
Seinsgrund im Geistigen hat, dem besteht eben auch das innere Sein des Menschen
aus realen Vorgängen, die freilich jenseits des Sinnlichen liegen.

Ueberredung, die Ueberzeugung in dem andern schaffen will, Worte, die Vorstellungen
wecken wollen, Vorstellungen, denen das Streben inne wohnt, sich zu
verwirklichen, das ist der Weg unseres Außen seins zum Außensein des anderen.
Suggestion aber schafft nicht Gedanken, sondern Zustände. Suggestion ist ein
Strömen meines Innensein zum Innensein des andern hinüber, und darum kann
der Begriff „Suggestion" von der äußeren Geste her gar nicht gefaßt werden, und
auch darum* kann von dorther kein Einteilungsprinzip gewonnen werden. Der
unmittelbaren Seinswirkung eines Menschen auf den andern ist darum auch eine
# hundertmal wirksamere Suggestionskraft zu eigen, als allen vorstellungs-
büdenden Worten. Das ist freilich zu tauben Ohren gepredigt in einer Zeit,
in der der Coue -Rummel seine Rosenkränze beten heißt.

Wir haben mit diesen Darlegungen die Suggestion gleichsam in die
Reihe der okkulten Geschehnisse einbezogen, und das mit Recht. Indessen
führt es uns heute zu weit vom eigentlichen Thema ab, wollten wir der
Lockung folgen, auch die Hypnose und die somnambulen Zustande als solch©
in unsere Erörterungen einzubeziehen. Für meine Denkweise handelt es
sich" dabei um eine Verlagerung der Lebensintensität aus dem grobsloffliehen,
hirnbewußten Persönlichkeitsbezirk nach der seelisch-geistigen Innenseile herüber,
dabei zunächst den Iraumbewußten Bezirk des Schlafes passierend, im Trancezustand
und im völligen Austreten aus der groben Körperlichkeil endend. Schlaf
und Hypnose lassen den Körper gleichsam entleert liegen, gradweise gemeint.


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