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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0719
690 Zeitschrift für Parapsychologie. 11. Heft. (November 1926.)

dann wie erwachend auf, und in Geste und Tonfall eines zehnjährigen Schulknaben
klagte er, daß er wohl gearbeitet hätte, im Augenblick nur alles vergessen habe.
Von uns beruhigt, gelang es ihm dann, ein langes Gedicht aufzusagen, auch mit
der typischen Betonung des kleinen Schulknaben, und schien mit seiner eignen
Leistung zufrieden. Bei Beendigung des Versuches schlief er dann wieder ein.

Ein anderer Versuch bestand darin, daß man den Auftrag auf einen Zettel
schrieb, das Medium solle sich als Frosch fühlen. Im Augenblick, wo Dr. G. im
Nachbarraum die Hand zum Zeichen senkte, sank das Medium aus der Hypnose
vom Stuhl zu Boden, hüpfte auf allen Vieren und quakte wie ein Frosch.

Diese Versuche wurden in mannigfacher Weise variiert und zeigten, wie es
durchaus möglich sei, unter Ausschluß von sinnlicher Vermittlung, wie gesagt,
suggestive Befehle in diesem Sinne zu übermitteln. Daraus ergibt sich wiederum,
daß Wort und Geste überflüssig sind. Reine Gedankenübertragung
und Vorstellungsübermittlung tritt vor uns hin, losgelöst von dem Misch Verhältnis,
das unseren Alltagsverkehr mit Menschen ausfüllt.

Solche experimentelle Isolierung einer einzelnen Erscheinung ist natürlich außerordentlich
lehrreich. Wir sehen dann, welche Erklärungsmöglichkeiten grundsätzlich
auszuscheiden sind und nicht mehr zur Diskussion zugelassen werden dürfen,
wie z. B. die unbewußte Feinfühligkeit unserer Sinne und die unterschwelligen
Schlußfolgerungen aus ihnen als Erklärung für das „Gedankenlesen, wie man
solches feinstonliches Einschwingen nennt — und mit Recht nennt, sobald ma^n
im „Gedanken" ein feinstoffliches reales Gebilde sieht. Daher auch sein momentanes
Zerfließen und die Unwiederbringlichkeit des verschwundenen Bildes. Ein Gedanke
, der vor mir zerfließt, muß erst neu gebildet werden, ehe er durch erneute
Hirnspiegelung „Vorstellung" wird und dadurch mitteilbar auch mir selber.

Hell wissen definiere ich hier also als eine Persönlichkeits-
crWeiterung um das Du, und lokalisiere sie als eine PersönlichkeilsVerschmelzung
auf der Innenseite meiner Parabel.

Dieses Du kann ein mir innerlich nahestehender Mensch sein, z. B. wenn
eines Kriegers Frau mitten in einem harmlosen Gespräch von dem hellwissenden
Miterleben der Verwundung ihres Mannes überfallen wird, die si© mit allen
Einzelheiten wie gegenwärtig sieht, mit Einzelheiten, die sich alle bestätigen.

Oder die Persönlichkeitserweitcrung umfaßt gänzlich fremde Personen und
Geschehnisse, wie z. B. bei Svedenborgs Schilderung von dem in Stockholm
ausgebrochenen rasenden Brand, ähnlich dem Apollonius von, Tyana, der in
Klein-Asien den Neronischen Brand von Horn hellsehend erlebte. Oder es
handelt sich um zeitlich zurückliegende Ereignisse, oder gar um zukünftige,
und solches zeilliche Fernwissen kann einmal ohne sinnliche Anknüpfung erfolgen
— dann wird man spontan davon überfallen, wie bei einer Ahnung
— oder es erfolgt durch sinnliche Anknüpfung vermittelt, und dann
gewollter und beabsichtigter Weise, wie wir es an inluitiv arbeitenden Graphologen
sehen oder bei psychometrischen Vorgängen beobachten, wo das Hell-
wissen von der vermittelnden Berührung mit bestimmten Gegenständen ausgelöst
wird und von ihm ausgeht.

Gleichviel, in allen Fällen handelt es sich um eine Jnnensrh.'iu, ohne
Vermittlung der Sinnesorgane. Oder richtiger und eigentlich:
nicht tun „Schauen" sondern um „Wissen", das sich nur gleichsam optisch
in uns spiegelt und nun erst in dieser Form in unser Außenbewußtsein
gelangt. Auch akustisch kann diese Spiegelung sein, oder auch nur als
Gefühl auftreten, sei es deutlich uud klar, sei es nur als „als-ob-Gefühl".
Immer aber handelt es sich dabei um unmittelbar gegebenes, inneres Erleben
.


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