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Zwölftes Heft.
Dezember 1926
Denkübertragung bei Mensch und Tier.
Experimentalstudien von Karl Krall, Münrhen.
I. Denkübertragung zwischen Mensch und Mensch.
(Fortsetzung).
3. Versuche Anderer mit Ninoff.
Experimentalabend in meinem Hause»
Da ich den Wunsch hegte, auch anderen die sich so selten bietende Gelegenheit
zu geben, das Phänomen echter Denkübertragung kennenzulernen, so
hatte ich zu einem Ninoff-Experimentalabend, gewissermaßen zu
einer Separatvorstellung, einige Herren zu mir geheten, bei denen ich außer
einer gründlichen naturwissenschaftlichen Vorbildung eine genügende Dosis
Kritik, wenn nicht Skepsis, voraussetzen konnte. Die Vorführung fand an
einem Sonntagabend, den i. Dezember 1901, in meinem Hause statt. *
Die Teilnehmer an dieser Sitzung waren: Prof. M., ein unterrichteter und
vorurteilsfreier Naturwissenschaftler, Dr. A. und L., beides Aerzte, von umfassender
wissenschaftlicher Bildung, Dr. IL, Chemiker, Dr. Sch., Fabrikant
und Naturwissenschaftler, ß. IL, Chef einer Buchhandlung, alles Herren von
vielseitigen Interessen, einige Damen, meine Mutter, meine Frau und ich, sowie
ein Stenograph als Protokollführer. (Abb. 5.)
Durch einen einführenden, zur kritischen Beobachtung auffordernden Vortrag
machte ich auf die prinzipielle Bedeutung der sich anreihenden Versuche
aufmerksam: „Es kommt heute Abond weniger darauf an, besonders schwierige
Experimente auszudenken, als vielmehr darauf, durch die Methode der Untersuchung
jede bewußte oder unbewußte Sinnesübertragung zwischen dem Gedankenleser
und dem Sender auszuschließen. Wir wollen uns nicht von Ninoffs
Leistungen verblüffen lassen, sondern sachliche Kritik an ihnen Üben."
Mit dirsem Vortrag hatte ich erst nach seinem Eintreffen begonnen, so daß
er währenddessen in einem anderen Zimmer warten mußte. Nach einiger Zeit
.sandte er zu mir herunter, wir möchten unbedingt beginnen, das Warten verzehre
seine Kraft. Während das jedesmalige Experiment ausgewählt und vorbereitet
wurde, weilte Ninaff unter Aufsicht eines der Herren in einem entfernten
Zimmer, so daß er von den Besprechungen nichts vernehmen konnte.
Die Vorführung begann mit einem von Ninoff vorgeschlagenen kompli-
7ierten Experiment, das er schon des öfteren ausgeführt hatte. Es hieß „die
Hochzeit", „le mariage". Verschiedene Personen wurden — in seiner Abwesenheit
— als Braut und Bräutigam, Monsieur le maire als Standesbeamter
usw. bestimmt und ein Sender erwählt, der ihm telepathisch das Aeußere dieser
Personen zu übermitteln hatte. Ferner wurde ein Trauring versteckt, den er
aufzufinden und dessen Versteck er vorher zu beschreiben hatte. Dann wurde
ihm der Auftrag, den Ring der Braut an einen bestimmten Finger zu stecken.
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