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Krall: Versuche Anderer mit Ninoff.

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Gastgeber gelesen. Da die Tatsache unzweifelhaft war, so war es interessant,
<lem Vorgang nachzuforschen und zu versuchen, den Mechanismus aufzuklären.
Ich habe also Ninoff besucht und ihn befragt. Ninoff sagte zu mir:

„Tch verfahre folgendermaßen (comment je procedc). Man darf nicht glauben
, daß ich zu jeder Stunde des Tages und ohne Vorbereitung in den Gedanken
des Erstbesten lesen könnte. Nein! Be\or ich ein Experiment versuche, muß.
ich mich in gewisser Weise innerlich leeren (que je nie vide), tabula ra^i
machen in meinem Geist, in meinem AVillen. An solchen Tagen esse und
trinke ich nicht; die Verdauung würde alles stören. Noch mehr, ich isoliere
mich', je m'annihile, ich bemühe mich — der Ausdruck ist bizarr, aber es ist
in der Tat so — meinen Willen kraft meines Willens zu löten (de luer nia
volonte ä force de volonte). Tch tue, alles in allem. was die Fakire tun; mein
Gehirn wird s> ein untätiges, eindrucksfähiges Ding (une chose inerte et
jmJleahle), auf das sich die fremden Willensregungen eindrücken. Ich bin
mit einem Wort - ein .Medium', aber ein bewußtes Medium (un medium
'•(.nscient)."

„Sie geben sich also Rechenschaft/' fragte ich weiter, ,,über das, was in
Ihnen vorgeht? Nehmen wir an, ich denke das Wort ,chapeau\ Wie überträgt
sich die Idee >on ,chapeau' in Ihnen?'*

,,Das hängt da>on ab, ob es in dem Augenblick, wo Sie ,chapeau denken,
das Iiild von einem .chapeau* ist, das Sie in Ihrem Geiste haben; dann überträgt
sich dieses Bild auf den mehligen, alsdann sage ich Ihnen: Sie denken
.chapeau'. Aber es könnte in diesem Falle wohl sein, daß ich Ihnen sage: Sie
denken .coiffure* oder ,panama* oder .gibus', weil ich ja genötigt wäre, das Bild
/u deuten. Wenn aber — im Gegenteil — in dem Augenblick, wo Sie .chapeau'
denken, Sie das geschriebene W o r t b i 1 d sich im Geiste y orstell>n,
so würde ich Ihnen ohne Zögern sagen: Sie denken ,chapeau*."

,.Aber wenn man Ihnen aufgibt, die Unterschrift eines beliebigen Briefes
/u nennen, der in der Brieftasche irgendeiner zufällig gewählten Person steckt,
w ie machen Sie das Erraten da?" *

.,Das Problem ist etwas verwickelter, aber im Grunde ist es doch dasselbe,
denn was in der Brieftasche ist, kann ich nur erraten, wenn die Person, der sie
gehört, in dem Augenblick an den Gegenstand denkt, wo man mich fragt."

,.Ist es also immer notwendig, daß man sich im Geiste das zu übertragende
Bild vergegenwärtigt (qu'on ait presente ä Tesprit), in dem Augenblick, wo man
Sie befragt?"

,,Wenn es sich tun Personen handelt, die ich zum ersten Male sehe, ja.
Wenn es sich aber um solche handelt, die ich kenne, ist es nicht immer not
sündig. Es e n l w i ck e 11 *s i c h dann in mir ein Suchen (travaih,
analog dem, wenn man im Gedächtnis ein Datum oder
einen N amen sucht, den man vergessen hat. Tch suche dann
in dem Gedächtnis der anderen, wie ich in meinem eigenen
suchen w ürde, aber es ist dafür erforderlich, daß es zwischen dieser
Person und mir — wie soll ich sagen — eine Verbindung, Gemein^cha11
(affinite), eine Sympathie gibt. Ohne diese produziert sich nichts."

Ninoff analysierte noch einige Augenblicke seine Empfindungen, dann
frug ich ihn:


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