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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0761
732 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1926.)

Eine meiner eignen Patientinnen schildert den Zustand folgendermaßen: Sie
lag im Krankenhause, durch eine Knochen-Operation am linken Fuß ans Bett gefesselt
. Es erwies sich als notwendig, ihr zwei Zahne zu ziehen. Die Oberin beorderte
nicht weniger ah drei Schwestern /um Festhalten und zur Hilfeleistung,
da man sich von der aufgeregten ird sehr schmerzfeigen Frau allerhand Schwierigkeiten
versprach.

Zu ihrem großen Erstaunen \ erlief der Eingriff aber ganz ruhig, ohne daß die
Patientin auch nur einen Schmerzenslaut von sich gab, und ohne daß es notwendig
geworden wäre, ihr auch nur den Kopf zu halten. Als der Zahnarzt aber dann
seine Instrumente zusammenpackte, f ng die Patientin auf einmal laut zu brüllen
an. Kein Mensch wußte, warum nun erst, wo doch alles vorüber w ar.

Die Sache verhielt sich folgendermaßen. Die Patientin, von klein auf an mit
Doppelgängerbildung behaftet, hatte ihren Körper verlassen und dem ganzen Vorgang
von außen her interessiert zugeschaut. Erst als sie in ihre alte Behausung
zurtickgesogen wurde, ka,m es auf einmal zu dem vorher nicht vorhandenen
Schmerzgefühl und dementsprechend fing sie nunmehr zu brüllen au. Ihr
ausgetretener Doppelgänger war vollkommen bewußt. Was aber in dem
Körper so lange vor sich ging, vermochte sie indessen nicht anzugeben. Nur
war es augenscheinlich, daß er ohne Empfindungsmöglichkeit dalag.

Ganz lehrreich ist auch folgende Beobachtung, die mich selbst betrifft. Ich
war mit meiner Frau zu Rad auswärts gewesen. Auf der Heimkehr fuhr ich wenige
Schritte hinter ihr, auf glasharter trockener Chaussee in sehr schnellem Tempo
bergab. Ein Heuwagen sperrte den Weg zu zwei Drittel der Breite. Ohne zu
läuten, bog meine Frau plötzlich mit scharfer Wendung einem Landstreicher aus,
den ich erst dadurch zu Gesicht bekam. Im Bruchteil einer Sekunde hatte ich
ihn überrannt. Mein Rad überschlug sich nach vorn, und ich stürzte mit voller
Wucht über dasselbe hinweg, ein klein wenig nach der linken Seite hingeneigt.

Und nun beobachtete ich etwas ganz Eigentümliches. Mein Bewußtsein war
außerhalb des Körpers orientiert und blieb etwa 60 cm oberhalb \ on
der Stelle im Raum haften, an der ich mich befand, als der Schreck über den unvermeidlichen
Sturz und das Ueberfahren des alten Mannes mich traf. Ich sah
mich klar und deutlich und verhältnismäßig ruhig von hinten, sah Rücken und
Hinterkopf, sah den ganzen Sturz, auch das hintere Rad von rückwärts her —
kurz alles. Dabei wußte ich, daß dieser Sturz eigentlich ein tödlicher sein müßte,
den« ich würde mit der linken Schläfe mit solcher Wucht auf die Chaussee knallen,
daß ein schwerer Schädelbruch unvermeidlich wäre. Zugleich aber war in meinem
Bewußtsein dort draußen die Vorstellung gegeben, das dürfe nicht sein und
würde auch nicht sein. Von dieser klar bewußten Instanz aus — so hatte ich
das Gefühl — wurde der Sturz nun so gelenkt, daß ich zwar mit der Schläfe die
Chaussee berührte, aber nur so sanft, daß nur die Haare etwas in den Staub
kamen. Dafür prallte ich mit der Hüfte so heftig auf, daß sich der Beckenring
vorn an der Symphyse spaltete. Ich konnte sofort aufstehen, den Landstreicher
beruhigen, meiner Frau klar Auskunft geben und die letzten 300 m selbstverständ-
4 lieh leichter nach Hause r a d e I n als gehen. Ich war merkwürdig ruhig und keineswegs
hatte der plötzliche Schock irgendwelchen alterierenden Einfluß gehabt. Mein
ganzes Interesse war vielmehr auf diese merkwürdige Verlagerung meiner bewußten
Persönlichkeit außerhalb des Körpers gerichtet, und am auffallendsten
davon war mir weniger der Gesichtseindruck dabu, der doch ohne Zuhilfenahme
der Augen zustande gekommen war, als jene merkwürdige Willensregung und
Beherrschung des Stur/es, die von meinem geistigen Ichpunkt aus so augenscheinlich
bewirkt worden war — für mein in zeitloser Breite gegenwärtiges Bewußtsein
wenigstens w a r das so.

Die letzte Steigerung solcher Ira imatKclion Spalhingen der Persönlichkeit
wlire der Tod.

Der Charakter dieses für menschliches Em\>finden so einleimeidenden Geschehens
wird durch solche Eimeihuiig in das S)slem, »las ich hier "vorschlage,
wesentlich durchsichtiger. Traumatisch bedingte Todesfälle bind denn auch
«eit Menschengedenken die häufigsten Gelegenheilsursachen für körpergelöste


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