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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1926/0773
744 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1926.)

Als Gegenstück zu den unvermeidlichen Schrecknissen des Purgatoriums
erwächst uns aber der Ausblick auf die Glückseligkeit von Lebens -
und Liebesgemeinschaften, denen der Charakter restloser Verschmolzenhcit im
wechselseiligen Durchdringen und Durchschwingon zu eigen ist, in denen die
gegenseitige Hingabe an den anderen stets zur Bereicherung des Ich
um den andern wird, getragen von einem Vertrauensverhältnis, zu dem uns
das grundsätzliche Hellwissen um den andern erzogen hat.

Die Gemeinschaft mit Wesen feinstofflicher Organisation bedeulet
also keineswegs eine Einbuße an Ichhaftigkeit, und wir dürfen demnach
erwarten, daß auch das Hinaufreifen des geistigen Ichs zu den reinen
Höhen des lichthaflen Seins kein Aufgehen in der letzten Einheil des
göttlichen Seins bedeuten kann. Auch mit der tiefsten Gottverbundenheil wird
uelmehr zugleich auch die gewaltigste Höhn unserer ichbewußten Entwicklung
gegeben sein. Das dürften wir als Ziel der Entwicklung aus alledem erschließen
, einer Entwicklung, in der es nun auf der nächsten Stufe, die uns
bevorsieht, jene Vertrauenswürdigkeit zu erringen gilt, die uns be
fähigen soll, im Reiche der Wahrheit leben zu können, ohne erröten zu
brauchen.

Abgesehen von der Seligkeit so inniger Gemeinschaftsbildungen ergibt
sich dabei solch wechselseitiges Durchdringen als ein fortdauerndes Helfen
und Lehren, Stützen und Tragen der entkörperten Seelenwesen untereinander
, wie wir es schon hier auf Erden üben sollten. Es gehört zu den
feinsten Reizen der Bradleyschen Berichte über seine vielen Gespräche mit
seiner verstorbenen Schwester Annie und seinem Schwager, und den anderen
Wesen, daß dieses Moment der liebenden Hilfeleistung so stark im Vordergrunde
steht. Ein solches helfendes und belehrendes Einfluß -
nehmen auf andere, die das durch ihren bloßen Zustand von Sehnsucht und
Ililfsbedürftigkeit gleichsam herbeisaugen, ist das, was man so recht mit dem
Wort In-spirafio bezeichnet, ein Einhauchen1) und Einströmen
geistigen Liebeswillens in uns; denn auch wir stehen durchaus andauernd unter
solchem Einfluß, ob wir das wissen oder nicht. Was wir in begnadeten Stunden
ahnend davon ertasteten, das wird uns zu einer beglückenden Gewißheit, wenn
man sich auch wiederum gerade den Bradleyschen Erlebnissen offen zu erschließen
vermag. -) — Alles wahrhaft geniale Schaffen sollte uns das lehren.

Wir sind wieder auf der Erde. Aber unser Blick hat sich geweitet, die
Verbindung nach drüben ist offen geworden. Das liebevolle Einströmen fremder
Geistigkeit in uns ward uns zur Brücke, an der wir nun von beiden Seiten
her bauen und zimmern, auf daß sie immer tragfähiger werde.

Der Kreislauf meiner Gedankengänge beginnt, sich zu schließen. Mit dem
ünmittelbaren Wissen umeinander fingen wir unsere Untersuchungen
an, mitten im Gedankenleben des Alltags, mitten in den kaum
merkbaren Einflüssen des andern auf uns durch sein bloßes so sein, so
wünschen, so lieben. Der enge Kreis, in dem wir zunächst so dachten, hat sich
uns nun ins Riesenhafte geweitet. Wir lernten auf den schwingenden Wellen
unseres eigenen Geistseins die Räume durcheilen und unsere Lieben

!) Vgl. die Schöpfungsmythe des Alten Testaments.

2) Dennis Bradley, Den Sternen entgegen. Deutsche Uebersetzung, Stuttgart
1925. (Vergl. Zeitschr. f. Parapsych. Septemberheft 1926.)


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