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begleiten und erreichen, wo sie auch waren. Nun sind unsere Augen geöffnet,
auch für die Innenseite des Alltags der Erde, der unendlich reich geworden
ist durch das Wissen um so viele Verbundenheiten, die uns aus der grauenvollen
Oede aller Vereinsamungsangst erlösen wollen. Und wenn die Erde
uns darin im Stich läßt, wir sind deswegen nicht allein — das Reich des
Geistes und der Liebe isl offen für alle Sehnsucht, da wir selbst offener
als bisher für jene liebende, helfende, erziehende und schützende Führung
wurden, die in dem Begriffsumfang des Wortes Inspiration enthalten ist: Einhauchung
, Eingeistung.

Und wiederum muß ich mahnen, diesen Begrift nicht etwa seiner Sub-
stantialität zu entkleideu. Auch Inspiration isl ein Ilinüberslrö-
men und Einfließen realer, feinstofflicher Substanz, dem
Träger geistigen Liebcswillens. Was uns darin geschenkt wird, sind die Lebenskräfte
liebender Geister selbst, ist ein Verströmen ihrer Daseinslebendigkeit
. Es ist „ihr Fleisch und Blut", das sie uns geben, so wie auch der
Heiland es meinte, als er von dem Verströmen seines geistigen Wesens an uns
unter solchen Bildern sprach. Das Vorrecht unserer menschlichen Torheit
war es, seine Bilder immer wieder so gröblich mißzuverstehen, da wir sie,
— befangen in irdischer Stofflichkeit — allzu wörtlich nahmen, statt sie
„wörtlich" im eigentlichen Sinne zu nehmen. (Evang. Joh., Kap. 6.)

Von solcher feinstofflichen Beeinflussung werden wir auch reden müssen,
wenn es sich um die Erklärung für überindividuelle und allgemeine, gleichsam
epidemische Inspirationen handelt, von denen ganze Völker und
Zeiten gleichzeitig gepackt werden, so daß ein darüberstehender Zuschauer
den Eindruck der Besessenheit nicht los wird; und dieser Begriff hatte
ja dann auch eine gewisse Berechtigung.

Erlebt man im genialen Schaffen dergleichen am eigenen Leibe,
so ist es verhältnismäßig einfach, solcher Erklärung von sich aus zuzustimmen,
denn sie entspricht so außerordentlich dem persönlichen Empfinden, wie keine*
andere. Oft häufen sich die auffallenden Erlebnisse dabei so stark, und sie
greifen dann auch in das äußere Geschehen so absonderlich ein, daß man
wirklich kaum einen anderen Ausweg zu finden weiß, als die Annahme einer
außerpersönlichen Führung. Wieder einmal gewinnt so Jahrtausende alter
Glaube eine Bestätigung durch vorurteilsfreie Forschung und ruhiges Folgern.

Man hat nun für diese ganze Gruppe von Erscheinungen eine Instanz verantwortlich
zu machen gesucht, die man als das transzendentale
1 c h benannte. Dieses Ich-Zentrum inmitten eines unbewußten oder unterbewußten
okkulten Kerns der seelischen Persönlichkeit sollte mit umfassenderem
Wissen und Können ausgestattet sein und so zu entsprechenden
Leistungen befähigt, die über die Grenzen des Hirnbewußten hinausgehen,
ja ins Ueberpersönliche-Kosmische hineinragen. Von hier sollten uns die
Warnungen, die Führungen, die Ahnungen und Anregungen kommen. \ber
es scheint mir, als läge in solcher geheimer Selbstführung — trotz und
unbeschadet der selbstschöpferischen Natur unseres geistigen Ich-Kerns —
etwas sehr Paradoxes und eine merkwürdige Umständlichkeit des Verfahrens
innerhalb eines Persönlichkeitsganzen, was dadurch zerrissen
wird, um Platz für diese Idee zu machen. Der geistige Ichkern
in uns steht wohl im Rang immer höher als seine Ausdrucksform, aber die
\usdrucksforrn spiegelt nur die Höhe wieder, die unsere innere Entwicklung


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