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Tischner: Metapsychik und Panpsychismus. 751

metaphysischer Monist ist, so ist das ganz etwas anderes als der Glogausche
Identitätsslandpunkt. —

Man versteht unter dem Parallelismus die Lehre, daß eine „durchgängige,
gesetzmäßige, wechselseitige Abhängigkeit des Seelischen und des Mechanischen
bestehe, unter Ausschluß der Lehre einer kausalen Abhängigkeit." (Erdmann.)

Der Name Parallelismus ist vielleicht dafür nicht ganz glücklich gewählt
es ist ja nicht ein Parallelismus von der Art zweier ganz unabhängig nebeneinander
herlaufenden parallelen Linien, es ist vielmehr eine ganz ähnliche
gesetzmäßige Abhängigkeil wie die, daß im Dreieck die Länge einer Seite von
der Größe des gegenüberliegenden Winkels abhängig ist, Aenderungen der Gröfie
des Winkels und der Seite gehen „parallel". Vielleicht ist die Gegnerschaft
Glogaus gegen den Parallelismus darauf zurückzuführen, daß er diesen Parallelismus
allzu wörtlich nimmt.

Auch ohne Parallelist zu sein, verstehe ich, daß nach der spinozistischen
Ansicht Psychisches und Physisches zwei Attribute eines mit sich selbst identischen
Dinges sind, und auch die Ansicht Fechners, daß Physisches und
Psychisches zwei Seiten desselben Dinges sind, ist mir klar. Aber ich erlaube
mir zu bemerken, daß ich nicht verstehen kann, wie die beiden Seiten, Psychisches
und Physisches, miteinander „identisch" sein sollen; es scheint mir
das nur ein Wort zu sein, das man, um mit Du Prel zu reden, wohl „zungen *
aber nicht „hirnen" kann.1) Rein phänomenologisch ist zwischen einer Vorstellung
und Bewegungen in Ganglienzellen ein riesiger Unterschied, sie sind
nicht nur nicht identisch, sondern als Phänomene haben sie sogar sehr wenig
Gemeinsames, im wesentlichen ist ihnen nur gemeinsam, daß sie beide in einem
Menschen vor sich gehen — wenn man das von einer unräumlichen Vorstellung
sagen darf —, weiter verlaufen beide in der Zeit und außerdem ist das eine
an das andere gebunden oder von ihm abhängig; aber abgesehen von diesen „Beziehungsgemeinsamkeiten
" sehe ich, wenn ich die Vorstellung selbst und die
Bewegung in Ganglienzellen analysiere, fast nur Unterschiede.

Glogau wird nun sagen, wenigstens hat er das früher gesagt, die Vorstellung
sei im Grunde eben doch Bewegung in Ganglienzellen. Es ist das ein
typischer Denkfehler, den man bei Forschern, die von der Naturwissenschaft
und Medizin ausgehen, nicht selten findet. Anstatt erst einmal die Phänomene
rein an sich zu nehmen, mischen sie gleich Deutungen hinein, denn es ist lediglich
eine Deutung, wenn man die Vorstellung auf Bewegungen „zurückführt",
sie durch Bewegungen erzeugt sein, ihr solche parallel gehen oder sonst mit ihr
verknüpft sein läßt. Aber auch abgesehen davon, daß es verfrüht ist, immer
sofort Deutungen zu bringen, anstatt die Phänomene rein als solche zu studieren,
so kann man, wenn der Zusammenhang von Vorstellung und Bewegung auch
noch so eng, eindeutig und notwendig ist, noch nicht von „Identität" sprechen.

3) Nachträglich finde ich bei L. Busse („Leib und Seele", Leipzig 1903, S. 140)
dieselbe Ansicht: „Wer Körper und Geist überhaupt unterscheidet, kann auch nicht,
ohne sich selbst zu widersprechen, ihre Identität behaupten; wer diese behauptet,
hat kein Recht mehr, dem Materialismus, der denselben Fehler begeht diesen vorzuhalten
. Die Formel: Denken und Bewegung sind ein und derselbe identische Vorgang
, ist um nichts besser als die materialistische Formel: Denken ist Bewegung.

Sie sind beide absurd........., so wird man auch der weiteren Behauptung

R e h m k e s recht geben müssen, daß man, wenn man nun doch Körper und Geist
identisch denken will, entweder die Identität oder die Verschiedenheit abschwächt.
Das letztere Verfahren aber führt zum Materialismus, das erstere zum Dualismus."


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