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762 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (De/ember 1926.)
insbesondere gerichtet gegen die Weiten erbreitung der Molischen Broschüre „Der
Spiritismus" b/\v. auf Entfernung derjenigen Seiten der Broschüre, welche die Beleidigungen
enthalten. Hier/u ist zu sagen, daß eine derartige Klage auf Unterlassung
durchaus Erfolg haben müßte, nämlich auf Grund der Bestimmungen der
§§823, 821 BGB. Insbesondere wäre üar/utun und ist leicht zu beweisen, daß
Herr Moll — wie der gesamte sonstige Inhalt der Broschüre, auch sein Verhalten
gegenüber Herrn Sanitatsrat Bruck und seine Beleidigungen gegenüber den anderen
Experimentatoren zeigen — absichtlich auch das Medium beleidigt hat.
Als bemerkenswertes Ergebnis des Prozesses wäre festzustellen, daß die Gerichte
sich bemüht haben, in objektiver Weise zu den aufgeworfenen Problemen
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen, daß z. B. das Kammergericht
den Okkultismus als wissenschaftliches Problem anerkannt, und daß sogar
die erste Instanz die Anwendbarkeit des § 193 StGB, bedauert hat.
Andererseits aber steht fest, daß Herr Moll mit seiner formellen Freisprechung
nur einen Pyrrhussieg davon getragen hat, da piaktisch durch die
Beweisaufnahme erster Instanz die Tatsächlichkeit okkulter physikalischer Phänomene
für normale Menschen in zweifelsfreier Weise erwiesen is*\
Recht interessant ist immerhin, daß der Prozeß doch einen teilweisen Erfolg
gehabt zu haben scheint, indem Moll in der mir vorliegenden neuen umgearbeiteten
Auflage (7. Tausend) seiner Broschüre auf S.38—47 verschiedene Aencterungen vorgenommen
ha,t. Ich zahle im ganzen 12 Stellen. Abgesehen davon, daß auf S. 46
ein neuer Absatz über die Entstehung des Protokolls vom 11. April 23 eingeschoben
ist, sind die Ausdrücke „naiv", „Geistesverfassung" gestrichen und auch die im
Prozeß inkriminierten Worte „Manipulationen", „Trick", „plumper Trick" beseitigt,
und da(für meist der Ausdruck „Kunstgriff" eingesetzt worden.
Vorliegende Betrachtungen — die Einzelheiten der Beweisaufnahme und die
aufgeworfenen Streitfragen sollen in diesem engen Rahmen vorläufig nicht erörtert
werden — seien geschlossen mit dem Wunsche, daß auch die absolut unbelehrbaren
Gegner des Okkultismus bei ihrer Kritik sich formeller Beleidigungen und übler
Nachrede enthalten möchten, damit nicht erneut die Hilfe der Gerichte in Anspruch
genommen zu \\ erden braucht. Eine weitere dringende Forderung aber ist
die, daß Parlament und Ministerien durch Bereitstellung eines größeren Fonds
schnellstens die objektive Erforschung der sog. okkulten Phanomenik, und zwar
sowohl der psychischen wie der physikalischen Erscheinungen ermöglichen sollten.
Eine heitere Spiritistensitzung.
Enthüllungen, die keine sind.
(Originalbericht des „Neuen Wiener Journals" vom 10. Nov. 1926).
Abbildungen von Photographien, dje in okkulten Sitzungen von dem bekannten
Münchener Forscher Schrenck-Notzing \erfertigt wurden, waren seit
einigen Tagen an allen Straßenecken plakatiert zu sehen. Ein Klub „Die Sphinx"
kündigte an, daß er in einer öffentlich zugänglichen spiritistischen Seance dieselbe
okkulten Erscheinungen, und zwar zum erstenmal in Wien, vorführen werde.
Der Kundige stand dieser Voranzeige von Haus aus äußerst skeptisch gegenüber.
Denn Materialisationsphänomene — um die es sich hier handelte — lassen sich bekanntlich
nicht so aus dem Aermel schütteln. Sie gelingen selbst bei hervorragenden
Medien ni'cht auf Befehl, sondern meist nach langwierigen und mühevollen
Versuchen. In öffentlichen Veranstaltungen dieser Art ließen sie sich bisher nicht
erzielen. Ob es nun der in wissenschaftlichen Kreisen völlig unbekannten „Sphinx"
gelingen wird, hier bahnbrechend zu wirken und im großen Saal des Militärkasinos,
Dienstag zwischen 8 und 9 Uhr abends, eine neue Aera der okkulten Forschung einzuleiten
, dürfte wohl bezweifelt werden.
Der Verlauf der Veranstaltung hat den Zweiffern durchaus recht gegeben. Ein
Herr Walter Senn-Grundmann betrat das Podium des verdunkelten Saales, auf dem
ein rotes Lämpchen, ein ebenso mystisches wie schwaches Licht verbreitete, und erklärte
eingangs, Professor Schrenck-Notzing habe die Benutzung seiner Photographien
verboten, so daß das Publikum sich nicht, wie angekündigt, von der Identität
der Darbietungen mit den Bildern aus dem berühmten Werke „Materialisations-
.phänomene" werde überzeugen können. Schon diese Mitteilung erweckte lebhaften
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