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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0046
30 Zeitschrift für Parapsychologie. l.Heft. (Januar 1927.)

welches ich vorhin als Quelle der Schauung leugnete? Ich meine, dieser Einwand
würde einen wesentlichen Unterschied übersehen. Einem unterbewußten
hellseherischen Wissen um die Situation auf dem Bootstege würden wir unwillkürlich
eine leidliche Genauigkeit und damit eine klare Einsicht in
die Gefahr als solche zuschreiben. Einem von außen gegen Widerstände
herangeführten Wissen können wir solche Ausgewachsenheit weil eher mit
Natürlichkeit versagen. Es wäre eben, innerhalb der Perzipientin, überhaupt
nicht über die Inhalte „Kind Westphal" und „Bootsteg" hinausgelangt. — Aber,
mag nunmehr eingewendet werden, warum sollte dann die Quelle dieses „von
außen gegen Widerstände herangeführten Wissens" nicht eben in die lebende
Mutter verlegt werden? Auch hiergegen sprechen, wenn schon nicht zwingende,
so doch Gründe der Abwägung von Wahrscheinlichkeiten. Die Mutter kommt
als Anregerin der Vision in Frage doch hauptsächlich vom Augenblick an, da
sie das Kind erblickte. Es erscheint aber wenig natürlich, daß jetzt, d. h. nach
ihrer Uebernahme der Aufgabe des Helfens, ihre „Mitteilung" sich in die
Form des Heranwinkens einer weit Entfernten und Unbeteiligten gekleidet haben
sollte, und zwar noch ehe die Vorstellungen des „Kindes" und des „Boolsleges"
der betreffenden Dritten zum Bewußtsein gekommen waren. Es erscheint noch
weniger natürlich, daß der aufs höchste gespannte Gefühlszustand der Mutter
aus der „Mitteilung" vollständig fortgeblieben sein sollte. Gerade dies aber
würde nicht unnatürlich erscheinen im Falle der Beeinflussung durch ein
drittes, nichtfleischliches Wesen, welchem seiner ganzen Natur nach
ein entfernteres, sachlicheres Verhältnis zu den Vorgängen zugeschrieben
werden dürfte. Die Unemotionalität, die dürftige Ausgestaltung, die
Wirkungslosigkeit von L. M.s Erfahrung erhalten somit bei solcher Zwischenschaltung
eines wirklich über den Dingen und Vorgängen Stehenden eine
durchaus natürliche und glatte Erklärung. Warum sich dieses Wesen nicht der
doch Nächstinleressierten, nämlich der Mutter, mitgeteilt habe, anstatt der
„weit Entfernten und Unbeteiligten"? Offenbar, weil die Mutter solcher Einwirkung
gegenüber unzugänglich war — nach ihren eigenen Angaben hat sie
niemals eine Erfahrung übernormaler Art gehabt —; während L. M. sich durch
zahlreiche Leistungen und Erlebnisse als stark „medial" veranlagt ausgewiesen
hat1).

Diese lange Erörterung wird bei vielen Lesern Widerspruch finden und in
ihrem Mangel an schließlicher Bündigkeit überhaupt überflüssig erscheinen.
tch halte gleichwohl diese Art von Erwägungen nicht für nutzlos. Es erscheint
wahrscheinlich, daß wenn einmal die Gesamtheit möglicher Deutungen übernormaler
Vorfälle besser bekannt und anerkannt und die Fülle des Materials
in allen seinen typischen Ausprägungen sehr viel größer ist, als gegenwärtig,
dann auch der wissenschaftliche Takt imstande sein wird, jeden Einzelfall mit
leidlicher Sicherheit zu rubrizieren. Erörterungen, wie die obigen, bieten also
wenigstens den Vorteil, daß sie für die Möglichkeiten dieser Rubrizierung an
sich das Auge schärfen, daß sie damit zugleich aber auch die Beobachtung
dahin erziehen, auf alle jene Einzelheiten übernormaler Erfahrungen achtzugeben
, weiche für die dereinstige Rubrizierung derselben von Gericht sein
können.

*) Sie war die Perzipientin u. a. in den Fällen, welche ich im Journal of
the Soc. for Psych. Research XIV. 358 ff. und in meinem Buche „Der jenseitige
Mensch" S 433 Abs. i mitgeteilt habe.


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