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Blacher: Ist der Mediumismus etwas Verklingendes oder Kommendes? 31
Weltanschauliches und Theoretisches.
Ist der Mediumismus etwas Verklingendes oder etwas
Kommendes ?
(Ein Versuch einer Synthese.)
Von Universitätsprofessor Dr. G. Blacher, Riga.
Die Erkenntnis der tatsächlichen Naturzusammenhänge, wenn sie überhaupt
als absolut — sagen wir absolut in Beziehung zum gegenwärtigen Stand einer
Disziplin — angesehen werden kann, wird manchmal auf eigene Art gewonnen..
Sehr oft ist es nämlich die Beziehung scheinbar weitatiseinanderliegender Gebiete
, deren Synthese unerwartete Lichtblicke geben kann. Als schwaches Beispiel
möchte ich einen Gedanken anführen, den ich an anderer Stelle ausgfej-
sprochen habe1). Nach psychoanalytischer Erfahrung zeigen oft kleine Kinder
eine Urerinnerung bis in die Zeiten frühester Kultur hinein. Daraus schloß
ich, daß die in der Hypnose und im Trancezustande und wohl auch bei amdereta
Gelegenheiten auftretenden Wiederverkörperungsphantasien sehr wohl solche
Rückerinnerungen darstellen könnten. Es können aber nur Rückerinnerungen
an Auffassungen früherer Zeiten (des Buddhismus) sein und
nicht an reale Tatsachen, weil die Realität der so als Tatsachen erscheinender
Begebenheiten einer schärferen Analyse nicht standhält. Das Unterbewußtsein
sträubt sich jedenfalls sehr stark gegen alle Versuche der Feststellung der
Realität der Phantasien2). R. S u d r e, welcher mit Delanne einen Disput
über die Realität der Wiederverkörperungsphantasien ausgefochten hat, indem
er gegen die Realität derselben auftrat3), gibt die Berechtigung meiner Synthese
zu4). Dadurch ermutigt, will ich nun eine weitere Synthese wagen, welche sich
auf das in der Ueberschrift genannte Problem bezieht.
In Riga weilt eben der berühmte Vertreter der Paleo-Biologie, der Wiener
Professor Othenio Abel5). Anf i3. September hörte ich einen Vortrag
>on ihm an, in welchem eine von seinen interessanten philosophisch-biologischen
Thesen auf mich einen starken Eindruck machte6). Mir kam sofort — wie,
weshalb, weiß ich nicht — ein Parallelismus zu den med)umistischen Erscheinungen
in den Sinn. Professor Abel erzählte, wie verschiedene, eine aus der
anderen entstehende Tierarten zuweilen ihre frühere Lebensweise von neuem
aufnehmen. Ein auf den Bäumen wohnendes Beuteltier verwandelt sich in ein
Känguruh und wird zu einem auf den Hinterbeinen gehenden Erdtier. Die
1) „Das Okkulte von der * Naturwissenschaft aus betrachtet." Baum-Verlag;
Wiener parapsychische Bibliothek Nr. 7, Die okkulte Welt, Nr. 120/21, S. 46.
2) Da die Wiederverkörperungsphantasie ein psychisches Gleichgewicht gegen
die Todesangst bildet, sträubt sich das Unterbewußtsein des Individuums gegen
die seiner Psyche schädliche Enttäuschung. Als ich intensiv nach Namen und
Nummer der Straße fragte, wo ein am Teller schreibendes Individuum in einer
früheren genau geschilderten Inkarnation noch in der Neuzeit gewohnt habe, wurden
die Antworten immer kühler und arteten zuletzt in grobe unbegründete Schimpfereien
aus.
y) Revue Metapsychique 1924, Nr. 3, S.231.
4) Dortselbst 1925, Nr. 5, S. 345.
5) Ferienkurse des Herderinstituts zu Riga 1926.
6) Literatur: Abel, Lebensbilder aus der Tierwelt der Vorzeit, Jena, 1922.
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