Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0061
Barthel: Theorie des Wachbewußtseins und der okkulten Zustände. 45

Wenn gegeben ist irgendeine Qualität A, so assoziiert das lebendige künstle
r»«che Apperzeptionsvermögen mit dieser in organischer Zwangsläufigkeit eine
Reihe \on anderen Qualitäten B, C, D,.. ., die mit der ersleren nicht durch
raumzeitliche Berührung, sondern durch innere Wesensverwandlschaft verbunden
sind. So kann mit dem ästhetischen Gefühl für ein Gemälde eine harmonische
und melodische Musikslimmung. ein metaphysisches Bewußtsein bestimmter
Spannungen und Rhythmen, eine plaslische Geslaltahnung, ein poetisches
Korrelat klar oder unklar assoziiert sein. Gewiß sind di*se ästhetischen
Assoziationen verwandter Qualitäten vage, und ich behaupte ja auch nicht, daß
sie mit okkulter Schau identisch sind. Aber sie bilden einen gewissen Ueber-
gang >om praktisch eingestellten Wachbewußtsein zum okkulten Bewußtsein.
Das Qualitativ ist grundlegend, die Ichraumzeitlichkeit nebensächlich. Alle
Assoziationen erfolgen nach innerer Wes msverwandlschaf t individueller und
höchst komplizierter Qualitäten, nicht nach dem Gesetz raumzeitlicher Berührung
. Die verschiedensten Sinnesgebiete, sogar einschließlich des Geruches,
werden durch die ästhetische Wahrnehmung auf einen metaphysischen Hauptnenner
reduziert, für den das Hier und Jetzt der empirischen Wahrnehmung
nicht von Belang ist. Das Sosein wird wichtiger als das Hier- und Jetztsein;
die Qualität wichtiger als die formale Einordnung in den Rahmen der Kantischen
Erfahrungswelt durch die raumzeitlichen Kategorien des praktisch
biologischen Wachbewußtseins.

Auch in der okkulten Schau, sei es Traum oder Hellsehen, erfolgt die
Selektion der wahrgenommenen Qualitäten und ihre Assoziation nicht nach den
Gesetzen der sinnlichen, ichraumzeitlichen Wahrnehmung, sondern noch mehr
als auf dem \agen ästhetischen Gebiet nach dem Gesetz einer inneren, qualitativen
Wesensverwandtschaft. Auf der Fährte der Wesensverwandlschaft findet
das hellsehende Medium wie ein Spürhund die mit einer gegebenen Qualität
verbundenen anderen Qualitäten auf, und wenn es sich bei der gegebenen um
etwas ganz individuell Determiniertes handelt, so tragen die damit wesenhaft
assoziierten Qualitäten den gleichen ^Charakter, das heißt, sie schließen sich
in sekundärer Weise oft zu einem individuellen und nur einmalig gegebenen
Komplex möglicher Erfahrung zusammen. So etwa, wenn ein gutes
Medium auf Grund eines Kleidungsstückes eines Kranken diesen nicht nur
richtig beschreibt, sondern auch sein Leiden richtig diagnostiziert. Es handelt
sich dabei, wenn überhaupt man die Sache soll erklären können, um die an
Hand der gegebenen Qualität aufgespürte Qualilätengesamtheit, die durch
Wesensverwandlschaft damit assoziiert ist. Daß es sich in solchen Fällen um
absolut einmalig gegebene, durchaus individuelle; äußerst komplizierte Qualitäten
handelt, bedarf kaum einer Hervorhebung. Dieser Umstand aber verbürgt,
daß ein gutes Medium auch die richtigen Angaben machen kann.

In den symbolischen Träumen erkennt man, wie virtuos das Unterbewußte
Slimmungsimpressionen ineinander übersetzen kann. Die ..Deutung"
>oleher Träume ist für den Träumenden selbst wohl manchmal nicht möglich.
Besonders genial veranlagte Menschen hal>en zuzeiten eine staunenswerte Gabe,
was sie interessiert, in symbolische Vorgänge einzukleiden: der Traum ist hier
eine unbewußte Poesie, und auch geniale Dichtung inspiriert sich aus jenei
okkult n Quelle, der das Traumleben entstammt. Irrtümlich wäre es aber, wollte
man atle Träume als „Wunschträume", als Befreiung gefesselter Triebhemmungen
verstehen, \lles was uns im tiefsten „in'eressierl", kann umgeformt


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0061