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Barthel: Theorie des Wachbewußtseins und der okkulten Zustände.

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sohnsucht in Nietzsches „Nachtlied", die im Fehlen der empfangenden und
>\ ärmescha ff enden Seele ihre Schmerzen findet! Die feinsten Naturenerglen
sind die wichtigsten, und ihre Sättigung bedeutet Tieferes, als der Materialismus
einsehen könnte. Es dürfte aber wieder eine allzu primitive Auffassung sein,
mit Theosophen von verschiedenen „Leibern" zu reden, die sich um den Kern
dos sichtbaren Leibes lagern. Die energetische Auffassung sieht auch hier höher
als die materielle. Die Psyche ist ein sehr feingebauter Radioapparat, zugleich
Sender und Empfänger.

Auch das Feingefühl für das, was kommen soll, Eür das Schicksal, jenes
Hineinziehen des Werdenden in die Gegenwart, jene Prolepsis der Zukunfl, die
eine Aeußerung der teleologischen Weltstruktur und eine Grundlage der Ethik
isl, hat zweifellos trotz der ganz alltäglichen Eigenart mit stärker okkult
vertieften Phänomenen eine nahe Verwandtschaft. Zwischen Okkultem und
Alltäglichem gibt es keine scharfe Grenze. Die Welt ist nach einheitlichen Gesetzen
gebaut, welche man aber erst dann in rechter Universalität erkannt haben
wird, wenn die parapsychologischen Phänomene in den Rahmen des Ganzen
störungslos eingearbeitet sind. Durch eine saubere Durchdenkung der sicheren
Tatsachen muß das okkulte Gebiet seine Verworrenheit allmählich verlieren, und
es müßte versucht werden, durch möglichst wenig Grundprinzipien den vielgestaltigen
Erscheinungen gerecht zu werden.

Hier erhebt sich die Frage, ob unter diesen Grundprinzipien auch die spiritistische
Hypothese Platz finden muß. Es ist eine in halbpopulären Kreisen
sehr beliebte Auffassung, daß die „Geister" Verstorbener sich gewisser Medien
als Sprachrohr bedienen, und daß die Leistungen der letzteren auf dem Mitwirken
von Intelligenzen beruhen, die im organischen Gesamtgefüge des Mediunis
nicht enthalten sind, und die auch eine eigene Existenz unabhängig vom
Medium besitzen. Ich habe gerade Literatur, die diesen Standpunkt verficht,
mit Aufmerksamkeit gelesen und durchdacht. Mein Schluß ist aber der, daß
auch höchst staunenswerte Kundgebungen durch Medien stets restlos durch
eine bessere Hypothese erfaßt werden können, die ich „Schichtung im Unterbewußten
" nenne. Der springende Punkt für die Theorie ist eben die Frage,
ob die aktiven psychischen Kräfte subjektiv oder objektiv sind, ob es sich um
objektive Geister" handelt (Hegel verzeihe den Ausdruck!) oder um subjektive
Projektionen objektiver Bedeutung. Das ist Cür die vermeintlichen „Geisler"
noch wichtiger als für das Medium. Denn wenn die „Geister" objektiv sind
und sich durch Medien ab und zu müssen zitieren lassen — Swedenborg zitierte
bekanntlich Virgil so müssen sie sich doch als recht gestörte Wesen vorkommen
. Aber - - es scheint durchaus, daß diese Geister so wenig objektive
Sonderexistenz besitzen wie -die Gestalten der Träume, die wir träumen. Es
handelt sieh um subjektive Projektionen bzw. Aklivilätsschichten, die eine
objektive Tragweite haben können, was ich ja auch vom Traum schon sagte.
Darüber sind aber genauere Angaben nötig.

Zu den bedenkenswertesten Hypothesen über das Problem der Vergänglich -
keil des psychischen Aktivitätskernes gehört zweifellos die seit dem Altertum
und bis in unsere Zeit von besonnenen "Geistern immer wieder vertretene Annahme
der Wiederverkörperung desselben Aktivilälszenlrums in sukzessiven
menschlichen Gestaltungen. Bei dieser Annahme ist aber die Spezialisierung
notwendig, daß in jedem Menschen in Schichtungen seines Unbewußten die
Mehrheii seiner früheren Daseinszusfände gleichsam geologisch erhalten sei.


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