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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0066
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Zeitschrift für Parapsychologie. l.Heft. (Januar 1927.)

Gelegenilich eines Falles, den manche Forscher spiritistisch gedeutet haben,
sagt Baerwald, daß manche Skeptiker, um sich nicht ernsthaft mit dem Fall«
auseinandersetzen zu müssen, sich einfach von ihm abwenden, was aber nur
ein „Kneifen* vor der diesen Dingen ablehnend gegenüberstehenden öffentlichen
Meinung ist. Er erörtert den Fall ausführlich, kommt zu einer animisli-
schen Deutung und sagt mit Recht, daß. wenn man die vorliegenden Tatsachen
nicht einfach leugnen will, was man nicht kann, oder andererseits die Telepathie
verneint, man zur spiritistischen Deutung gezwungen isl. Vielleicht
macht diese Folgerung die extremen Skeptiker doch stutzig.

Das Hauptinteresse des Buches aber liegt, wie schon angedeutet, auf Bacr-
walds Stellung zum Hellsehen. Er bemüht sich zu zeigen, daß alles, was unleidem
Namen „Hellsehen" segelt, entweder auf Telepathie zurückzuführen isl
oder auf Hyperästhesie. Er geht in diesem Bemühen in der Anwendung dieser
beiden Möglichkeiten außerordentlich weit, und er begründet das damit, daß
man mit der Telepathie und Hyperästhesie innerhalb unserer naturwissenschaftlichen
Anschauung bleibe — was an sich schon zu bezweifeln ist —, daß
dagegen das Hellsehen „mystisch" sei, ja er versteigt sich dazu, zu sagen, daß
echtes Hellsehen nicht existieren kann'!

Es ist wirklich merkwürdig! Die Telepathie, die bisher immer als gänzlicli
unerwiesen hingestellt worden isl. ja auch als „unmöglich" erklärt wurde,
kommt jetzt nicht nur in seltenen Fällen vor, sondern sie tritt direkt spielend
leicht zwischen zwei beliebigen Menschen auf. Fan Beispiel verdeutliche Baer-
walds Ansicht. Falls jemand einen selbst geschriebenen Zettel in einem lichtdichten
Umschlag verklebt und \ ersiegelt jemand Anderem übergibt und dieser
überreicht dann den Umschlag einem Medium, das den Inhalt liest, so beruht
das auf Telepathie, indem der erste unleibewußt dem Experimentator den
Inhalt übermittelte, und dieser, der gar nichts von dieser Uebertragung weiß,
überträgt es dann ahnungslos auf das Medium. In anderen Fällen wird die
Sache dadurch noch verwickelter, daß, wenn es sich um mehrere gleiche Brief
Umschläge handelt, so daß angeblich niemand weiß, was in dem einzelnen drin
ist, das hyperästhetische Unterbewußtsein davon doch Kenntnis hat und es
übertragen kann, da es sich an kleinsten Unterschieden des Papiers die einzelnen
Umschläge gemerkt hat.

Vielfach spielt diese Hyperästhesie aber auch für sich allein die entscheidende
Rolle, indem das Medium durch den Umschlag hindurch die
Schrift ertasten oder auch mittels der Augen durch die dicksten Umhüllungen
sehen kann.

Sowohl diese ausgedehnte Telepathie als auch die Hyperästhesie scheinen
recht unwahrscheinlich, aber man wird sagen müssen, daß hier in der Tal
Fehlerquellen liegen, die man besser in Zukunft meidet

Gegen die Rolle der Telepathie, die Baerwald ihr zuschreibt, spricht
meiner Meinung nach z. B., daß der „Empfänger" nicht das sieht, was sich
der „Geber" vorstellt, etwa die vor ihm liegende Landschaft, sondern der „Empfänger
" sieht den „Geber" in der Landschaft, dem „Empfänger" den Rücken
kehrend. Auch sonst sind seine Annahmen oft recht \erwickelt und weitgehend.
Zumal ist es durchaus nicht erwiesen, daß die Telepathie auf physikalischen
Strahlen beruht, dieser Punkt muß aber einem besonderen Aufsalz
vorbehalten bleiben. Jedenfalls geht es nicht an, nun auf der Annahme fußend,
daß Telepathie „natürlich" und Hellsehen übersinnlich sei, nun um jeden Preis


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