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weltanschaulicher Einstellung. Die Beunruhigungen des Pfarrhauses begannen
im Winter 190*? und währten mit längeren Unterbrechungen bis in die neueste
Zeit. Der Geistliche schreibt: „Ueber meinem Schlafzimmer halte ich auf dem
Boden einige Stämme Holz in Bretter geschnitten aufgeschichtet, da ich mich
in freien Stunden gern mit Hobelbankarbeilen beschäftige. Nun war es mir
einmal, als ob diese Bretter bei Nacht umgestürzt seien, was ja nicht unmöglich
war. Allein, als ich nachsah, standen sie unberührt. Nach einigen Tagen
wiederholte sich dasselbe. Aber es sollte noch besser kommen. Nachts um
1/22 Uhr wurde einmal in der Nähe meines Schlafzimmers eine Tür so gewaltig
zugeschlagen, als wäre ein in heftigen Zorn geratener Mensch die Ursache
. Dieses Türzuschlagen wiederholte sich einige Tage lang immer zur selben
Zeit. Einmal fragte mich meine Mutter, ob ich nachts i/22 Uhr im obeien Gang
herumgelaufen sei und die Tür zugeschlagen habe. Als ich dies aufs bestimmteste
verneinte, fing meine Mutter an zu weinen. Wir vußten nun, Haß
etwas „Böses" im Hause war. Nun ging es im Laufe des Winters im Pfarrhaus
fürchterlich zu. Ich will nur einiges anführen. Auf der Treppe vom oberen
zum unteren Stock entstand oft ein so fürchterliches Gerumpel, als ob ein
gefüllter Glaskasten mit Wucht heruntergeworfen werde und sich dreimal überschlage
. Wenn wir hinaussprangen und nachsehen wollten, war nichts zu sehen.
Besonders ging es los, wenn wir zusammen um Befreiung von dieser Plage
beteten; denn jedesmal wurde mitten während der Litanei an die Zimmertür
gepocht mit solcher Gewalt, als wäre ein zorniger Mensch draußen und wolle
uns drohen. Sodann ward an der Haustür gerüttelt, geschüttelt und gepocht,
wie wenn ein Ungetüm sich mit Macht gegen die Tür geworfen hätte. Dabei
wurde meist auch die Hausglocke geläutet, aber es war, als käme der
Schall aus einer anderen Welt. Sooft ich das Fenster aufriß und
hinausschaute, war alles still und ruhig. Einmal ging ich abends hinauf in mein
Schlafzimmer, hatte es aber kaum betreten, als mich ein fürchterlicher Schrei
aus dem Abendgebet herausriß. Ich eilte hinunter und fand meine Mutter
und die Haushälterin mitten in ihrem Schlafzimmer stehen, zitternd und zähneklappernd
. Sie erzählten: Kaum waren wir im Schlafzimmer, so war es, als
ob ein gefüllter Sack an die Tür geworfen würde, sie ging auf und eine rote
feurige Kugel1) wälzte sich von der Tür zum Fenster hin, wo sie verschwand
. — Eines Tages um 11 Uhr mittags gehe ich hinunter ins Eßzimmer.
t)a fand ich die Mutter zitternd im Hausgang stehen. Auf meine Frage sagte
sie: „Eben, als du bei der oberen Tür herausgetreten bist, ist ein langer schwarzer
Hund, wie ein in die Länge gezogener Dachs, an mir vorüber und gerade
dem Stall zugelaufen." Das war mir denn doch zu bunt. Ich tadelte meine
Mutter, daß sie am hellen Tage Gespenster sehe und sagte ihr ins Gesicht, daß
ich solche Geschichten nicht glaube. Stutzig wurde ich aber, als etwa 6 Tage
später ein Mann aus einer Filiale kam und mir das gleiche Erlebnis in seinem
Hause schilderte. Ich habe dort später benediziert. Damals hielt ich einen Spiiz-
hund, der sein Lager im unteren Gang hatte. Sooft in seiner Nähe die Tür
zugeschlagen wurde oder es sonst im Hause schrecklich zuging, war der Tlund
am Morgen auffallend unruhig; er zitterte und sprang freudig an den ilaus-
angehörigen hinauf als wolle er sagen: ich habe Schreckliches durchgemacht
*) Ein wiederholt beobachtetes Spukphänomen. Vgl. meinen Artikel: Spukorte
. „Psych. Studien" 1925. S. 203.
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