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Ludwig: Langjähr.ge Beunruhigung eines Hauses durch Spukphänomene. 85
und bin froh, euch wiederzuhaben1). — Was sonst noch alles vorging, das zu
schildern habe ich keine Zeit. Es sollte jedoch noch besser kommen. Das
Pfarrhaus liegt in einem Garten. Gegen Osten ist es durch eine Tür abgeschlossen
und ebenso gegen Westen. Letztere Tür führt zum Gottesacker. Wenn
wir nun abends dasaßen, und es wurde diese westliche Tür zugeschlagen, dann
wußten wir, daß wieder eine schlimme Zeit bevorstand und es ging auch immer
los, daß man am liebsten aus dem Hause geflohen wäre. Wurde aber das Tor
gegen Osten zugeschlagen, dann atmeten wir erleichtert auf. Wir wußten, daß
wir nun einige Tage Ruhe hatten. Schließlich merkte ich, daß es im eigenen
Schlafzimmer nicht mehr geheuer war. Ich habe einen sehr gesunden SchlaL
Aber öfter wurde ich geweckt wie von einer unsichtbaren Hand und ich wußte:
Jetzt ist's in meinem Zimmer. Eine Zeillang ließ sich ein auffallendes Geräusch
vernehmen, immer zur selben Minute. Anfangs war es, als ob ein
Pistolenschuß abgefeuert wurde. i4 Tage lang wurde ich einige Sekunden vor
Gebetläuten geweckt, und zwar tat es einen Knall, immer an demselben Ori.
Zuletzt wurde ich, nachdem ich geweckt worden, von einem scheußlichen Hundegebell
überrascht. Es war, als ob ein ungemein großer Hund mir ins Gesicht
belle. Dabei fühlte ich, von dem Ungetüm ausgehend, einen eiskalten
Windzug mir über das Gesicht wehen. Nun war die Sache nicht mehr gemütlich.
Zum Glück hat mir der liebe Gott Nerven gegeben wie Batzenstricke und doch
fühlte ich, wie alle Nerven im Leib angespannt waren. Der Schweiß stand
mir auf der Stirn und unter den Haaren fühlte ich es prickeln. „Mein Gott,
was ist das? Wie soll das werden?" fragte ich mich oft. „Wo ist ein Mensch,,
der mich trösten und mir ein Mittel geben kann gegen solche Geschichten?"
Wo ich mich hinwandte, nirgends Aufklärung. Einige Geistliche, denen ich
die Sache erzählte, lachten nur. Ich ging auf das Ordinariat (bischöfliche Behörde
), um mir Rat zu holen; auch da keine befriedigende Antwort. Ich schrieb
einem Geistlichen, der über solche Sachen Bücher herausgab, und legte Rückporto
bei. Keine Antwort. Ich schrieb einem Theologieprofessor einen 17 Seiten
langen Brief und bat um Auskunft. *Sein klassischer Rat war, die Sache einem
Geheimpolizisten zu übergeben. Als ob ich in meinem Schlafzimmer nicht
selbst Geheimpolizist wäre!" — Dem ermen Pfarrer ging es also auch vue
einst mir (vgl. meinen Bericht: Okkulte Phänomene beobachtet im Pfarrhaus
zu G. in Franken. Psych. Studien, 1908, S. 192 und 236). Ich mußte damals
die Erfahrung machen, daß auch der größere Teil des katholischen Klerus
noch von der rationalistischen Zeitanschauung berührt war, daß es keinen echten
Spuk gibt. Zufällig erfuhr nun unser Pfarrer, daß in der Schweiz (am Südufer
des Bodensees) ein Konfrater lebe, der in seinem Hause ähnliches durchmache
. Ihn suchte daher Pfärrer S. auf und erfuhr, daß auch dieser Geistliche
häufig geholt werde zur Vornahme von Benediktionen, und fast die
gleichen Spukäußerungen erlebte. Dieser riet ihm, sich möglichst wenig aus
der Sache zu machen, den „Bösen" zu verachten und ihm Ruhe zu gebietem.
Getröstet ging unser Pfarrer nach Hause und als bald nachher wieder jenes
schreckliche Bellen nachts neben dem Bett sich hören ließ, richtete der Pfarrer
sich im Bett auf, Ruhe gebietend. Sofort wurde die Schlafzimmertür zugeworfen
, draußen vor der Tür aber ertönte ein hämisches, lautes „Hä, hä, hä"l
2) Auch hier wieder die oft gemachte Beobachtung, daß Hunde auf den Spuk
reagieren.
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