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und Pomeranzen im Lande umherzog, im Wirtshaus des unleren Hauensteins,
eines der Jurapässe, zusammen. Er richtete eine Zeitlang die Augen auf mich;
mischte sich in unser Gespräch, sagfe: obwohl er mich nicht kenne, kenne er
mich doch; und fing an von meinon Bestrebungen und Erstrebungen zu erzählen
, zu nicht geringem Befremden der anwesenden Bauern und zur Verwunderung
meiner Kinder, die es belustigte, daß auch andere die Gabe ihres
Valers hätten. Wie der alte Zitronenhändler zu seinem Wissen komme, wüßt*
er weder sich selber noch mir anzugeben. Er schien sich aber doch auf diese
goheime Weisheit etwas einzubilden/'
Weltanschauliches und Theoretisches.
Natursichtigkeii.
Ton Edgar Dacque, Univ.-Prof. der Paläontologie, München.
Wenn man das rationale diskursive Denken, wie es unser bewußtes Leben
und wissenschaftliches Forschen zu regieren scheint, als jene Art der Geistestätigkeit
bezeichnet, bei der sich das Bewußtsein als Subjekt der gesamten
Natur als Objekt gegenüber findet und solcherweise nicht die innere Einheit
erlebt, so könnte man magische Sicht jene Geistesverfassung nennen, bei der
das Denken von einem unbewußten Eingehen in den Naturzusammenhang begleitet
ist, \on dem aus es nun gespeist wird und seine Eindrücke empfängt.
Hierdurch entsteht ein traumhattes Schauen, wodurch beim „Erwachen4, d. i.
bei der Rückkehr des Bewußtseins in die Kategorien des Intellekts, nun Kenntnisse
mitgebracht werden, die dem Wachbewußtsein als solchem zu erreichen
nicht möglich sind. Gelingt es nun dem Ich, eine daraus sich ergebende Ueber-
logung anzustellen, eine Absicht zu fassen und mit einer durch gedankliche und
seelische Konzentration und Selbstzucht geübten Willensanspannung diese Absicht
in jenen naturverbundenen Tr#umzustand rückläufig mit hinüberzubrin-
gen, so können Aon innen her nach der Absicht des Menschen Dinge geschehen,
die für den eigenen Intellekt wie den der anderen als Zauber wirken und e*
aucl) sind. Es können so auch Visionen erlangt, Zukunftsbilder geschaut und
Wahr träume erreicht und gedeutet werden.
Das uns aus der Jetztzeit oder der Geschichte irgendwo bekannte Hellsehen
und die Acußcrungen der Telepathie sowie des Dämonenzaubers und der Beschwörungen
ist gegenüber einem Urzustand mit aktivem, unmittelbarem,
naturmagischem Wirken nur ein Rudiment. „Die grauenvolle jenseitige Verlebendigung
der Naturdinge, welche aller Magie zugrunde liegt," sagt Scherte!,
„erzeugt jene Gesamtweltanschauung, die uns als ,Animisinus', .Pananimis-
mus' oder als ,Naturbeseelung', ,Panpsychismus' bei den sogenannten Primitiven
bekannt ist Die ,Dinge' sind für den Urmenschen dunkel lebendige Wesen-
heilen, eine heilige Schrecknis umwittert alles und bedeutcl selbst wieder eine
Quelle von Kräften, durch die gewisse magische Wirkungen überhaupt erst
möglich werden." Dieser magisch wissende Animismus ?ei nun überall, wo wir
jetzt oder in der Völkergeschichle auf ihn treffen, eine recht heruntergekommene
Religiosität, und statt von einer Vollendung und Erhebung im Lichte der
) Wir entnehmen dieses hochinteressante Kapitel mit gütiger Erlaubnis dem
soeben erschienenen neuen Buche: Natur und Seele, Ein Beitrag zur magischen
Weltiehre. Verlag R Oldenbourg, München. (Preis geb. 6.50 M.)
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