Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0111
Dacqu£: Natursichtigkeit,

95

wuchert sind, daß sie nicht mehr wie früher durch die Schädeldecke hindurch
mit der Außenwelt in Verbindung stehen; sie sind rudimentär und fast gar
nicht mehr mit den allen Funktionen beschäftigt, sondern haben sich im Zusammenhang
mit der auch sonst veränderten Körpergeslalt anderen Wirkungsweisen
angepaßt. Das hervorstechendste Merkmai war ein mit der nunmehr
veränderten Zirbel und ihren Nachbardrüsen in Beziehung stehendes Stirnoder
Scheitclauge, dem man für die Urzeit nalurhaft hellseherische und telepathische
Fähigkeiten zuschreiben mag. Wir haben fossile Tiersehädel, welche
Analoges klar entwickelt zeigen und uns damit eine erdgeschichtliche Bildungsform
des Wirbeltieres veranschaulichen, deren auch nach einem bestimmten
Gesetz der Urmensch teilhaftig gewesen sein muß. Reste dieser Bildung haben
heute noch gewisse alle UeplilarLen, auch Schlangen und einige Amphibien,
die aus jener Urzeit stammen. Da nun das Großhirn ein nachweislich sehr
spätes erdgeschichtliches Entwicklungsprodukt im Wirbeltierkörper ist, dessen
Kommen sich sehr allmählich vollzogen hat, un3 da dieses gerade der Sitz
der intellektualen Denkart ist, so müssen eben jene Fähigkeiten, die uns mit
der intellektualen Vollhirnentfaltung ganz besonders verlorengingen — die
naturmagischen Fähigkeiten — bei den damaligen Urmenschen besonders entwickelt
gewesen sein und dies in einem Grade, dem gegenüber heutiges Hellsehen
und telepathische*» Empfinden „degenerierte" Ueberbleibsel sind.

Diese Fähigkeiten, die bei uns jetzt noch sporadisch hervortreten, aber so
gut wie keine magischen Wirkungen mehr haben, müssen also damals unmittelbar
naturhaft wirksam gewesen sein und sich damit jenem Zustand des
kosmischen Sehens und Empfindens und Handels so angenähert haben, daß
eine „Zauberei" und Weltsicht möglich war, die uns jetzt nur noch sagenhaft
entgegentritt. Ich nannte deshalb jenen Menschenzustand, im Gegensatz zum
gewöhnlichen Hellsehen und zur Telepathie, „Natursichtigkeit" und bezeichnete
ihn als den ältesten Seelenzustand der Menschhoit.

Ohne dieses Hinabsteigen in die^ Zeiten erdgeschichtücher Vergangenheit
auf bestimmter vergleichender erd- und lebensgeschichtlicher Grundlage, ohne
Loslösung von der einstweilen nur aus Unwissen uns geläufig gewordenen Vorstellung
, daß etwa der eiszeitliche und unmittelbar voreiszeitliche Steinzeilmensch
der Urmensch und die Bronzezeit etwa nur ein Uebergangszusland zu
den frühesten xilterlumskulturen sei — kurz ohne ein völliges Umdenken aller
überkommenen historischen und prähistorischen Begriffe wird darum auch kein
Verständnis einer Geschichte der Magie und des magischen Wesens im Menschen
selbst zu erringen sein. Der wahre magische Mensch war natursichtig und lebte
in tiefer Vergangenheit. Ich verweiss auf die Tabelle der Menschheitsgeschichte
mit den erdgeschichtlichen Zeitaltern und körperlich-seelischen Enhvicklungs-
zuständen („Urwelt, Sage, Menschheit '), die ein erster Versuch war, aus teilweise
rein naturhistorischen, teilweis© auch erfühlten Gründen heraus neues
Licht in die Urzeit zu bringen. Danach stellt sich die Geschichte der Menschheit
einmal dar als ein Weg aus dem naturmagischen in den intellektuialein
Zustand; zugleich aber auch als ein Weg, auf dem die bewußte Einsicht wuchs
und dazu diente, das somnambule Vcrhaftelsein an die Natur immer mehr zu
verdrängen und durch die selbstbewußte Gegenüberstellung des Menschengeisles
zur Natur das klare Gefühl für die Erlösung von jenem magischen naturhaflen
Willen zum Dasein zu erreichen und die reine religiöse Anschauung zu erwecken
, die uns nun längst verkündigt, aber noch nicht Gemeingut geworden


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0111